„Porsches Erfolg ist keineswegs zwangsläufig. Auch dieses Unternehmen hat schwere Zeiten hinter sich. Es lohnt sich, in solchen Beispielen das Übertragbare zu suchen.“

„Wenn jemand nicht öfter Fehler macht, dann hat jemand sich selbst nicht genug herausgefordert.“


Ferdinand Porsche

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Wie bleibt eine Firma an der Spitze? Wie verteidigt sie ihren Nimbus, wie hält sie den Wettbewerb auf Abstand? Wie wird sie immer besser, in ihren Produkten, im Ertrag, als Arbeitgeber? Viele ehedem erfolgreiche Unternehmen haben die Antwort auf diese Fragen nicht gefunden und sind von der Spielfläche verschwunden. Auch in unserer Region. Das hätte nicht passieren müssen, fährt es einem durch den Kopf, wenn man Oliver Blume hört: Der Chef von Deutschlands Vorzeige-Sportwagenbauer Porsche brachte bei seinem Auftritt im Niedersächsischen Forschungszentrum Fahrzeugtechnik eine Botschaft der Zuversicht ins skandalgeschundene Autoland.

Wie die Zuffenhausener bei Porsche Innovation organisieren – mit hohem Selbstbewusstsein, klaren Verantwortlichkeiten, überschaubaren, aber konsequent verfolgten Zielen, dem Schwergewicht auf dem Faktor Mensch und einer Schubkraft, die der eines 700-PS-Aggregats gleicht – das beeindruckte ein Auditorium, das nicht leicht zu beeindrucken ist, Ingenieure, Autofachleute, Studenten.

Der Hersteller sündteurer Auto-Spezialitäten scheint gleich zwei Kunststücke geschafft zu haben. Er ist durch den Erfolg weder überheblich noch bräsig geworden. Und er nutzt die Vorteile seiner Zugehörigkeit zum VW-Konzern, ohne darüber die Beweglichkeit eines Industrie-Manufaktur-Hybriden zu verlieren.

Blume, der in Braunschweig geboren ist, hier zur Schule ging und an der Braunschweiger TU studierte, passt zu der Kultur, die so etwas möglich macht. Er pflegt einen Auftritt, der so gar nichts mit dem dröhnenden Pomp von Industriekapitänen alter Prägung zu tun hat, ist freundlich und zugänglich, kann zuhören, spricht eine unprätentiöse, klare Sprache. Zum Interview mit unserer Zeitung kam er solo – ohne die Entourage, die Manager seiner Gewichtsklasse für gewöhnlich begleitet.

Wer über eine neue Führungskultur beim Mutterkonzern nachdenkt, mag nach Südwesten blicken – der Richtung, aus der ja auch VW-Vorstandschef Matthias Müller kam. Unter dessen Ägide hat sich, für Außenstehende nur allmählich sichtbar, das Innenleben des Konzerns weiterentwickelt. Dass Wandel Zeit braucht, ist ebenso selbstverständlich wie die Notwendigkeit stetiger Kraftanstrengung. Ein Unternehmen ohne Motor bleibt stehen.

À propos Motor: Am Ende einer weiteren Woche der großen und kleinen Nachrichten über Norm und Wirklichkeit der Abgas-Emissionen von Dieselfahrzeugen darf man sich vielleicht doch noch einmal wundern, wie Deutschland mit diesem Thema umgeht. Die Bundesregierung, so rufen Kritiker, blockiere schärfere europäische Vorschriften. Zugleich arbeitet das Kraftfahrtbundesamt mit Eifer an der (Über-) Kompensation früherer Versäumnisse. Und während ernstzunehmende Fachleute darauf hinweisen, dass der verbrauchsarme Dieselmotor ein entscheidender Faktor für die Erreichung ehrgeiziger Klimaschutz-Ziele bleibt, erweckt ein Teil der deutschen Medien den Eindruck, Dieselfahrer seien die bösen Buben der Mobilitätsgesellschaft. Dass die Abgas-Emissionen von Dieselmotor zu Dieselmotor extrem unterschiedlich sind, dass auch Benzinmotoren die Luft verschmutzen, dass selbst Elektrofahrzeuge nur so sauber sind wie die Kraftwerke, in denen der Strom produziert wurde – all das kommt selten vor.

Zurück zum Beispiel Porsche. Mancher mag denken: Porsche ist nicht vergleichbar mit Volkswagen, Seat oder dem mittelständischen Unternehmen um die Ecke. Warum eigentlich? Porsches Erfolg, seien Ertragskraft, sein Markenwert – in den Top 10 Deutschlands, fast in den Top 100 in der Welt – ist ja keineswegs zwangsläufig. Auch dieses Unternehmen hat schwere Zeiten hinter sich. Es lohnt sich, in solchen Beispielen das Übertragbare zu suchen. Mit einem Selbstverständnis nach dem Motto „Wir sind gut, aber wir wollen jeden Tag besser werden“, lässt sich nicht nur in Unternehmen erfolgreich arbeiten.

Diese Woche hat einer sein Amt abgegeben, der ähnlich denken mag. Wolfram König hatte als Präsident des in Salzgitter ansässigen Bundesamtes für Strahlenschutz beharrlich für eine Reorganisation der Behördenstrukturen gekämpft. Das muntere Neben-, Gegen- und Durcheinander der Ämter und Behörden von Land und Bund ist unter anderem für die Milliarden verschlingenden Verzögerungen beim Bau des ungeliebten Atom-Endlagers Schacht Konrad mitverantwortlich. Am Ende steht nun eine Reform, die genau so aussieht, wie König es gefordert hatte.

Das ist bemerkenswert, denn Strahlenschutz und Endlager gehören zu den am stärksten ideologisierten Themenfeldern. Und im Zuge zahlreicher Wechsel von Personen und Parteien an den Schaltstellen hätte es sehr leicht zu einem Chaos kommen können, wie wir es bei der Umsetzung der Energiewende erlebt haben. Es sieht so aus, als habe es während der Amtszeit Königs einen Wandel vom Kampf der Atom-Ideologen zu einer handwerklichen Problembearbeitung gegeben. Die weitere Endlagersuche wird weisen, wie tief der Wandel reicht. Wenn sich entscheidet, wer das strahlende Erbe unserer atomaren Vergangenheit antreten muss, werden wir sehen, ob nach Wissenschaft und Technik die beste Lösung gefunden wird – oder ob einmal mehr der Weg des geringsten Widerstandes beschritten wird.