„Die Arbeitnehmer und Arbeitgeber sitzen zwar an unterschiedlichen Enden des Tisches, der Tisch steht aber im selben Boot.“

Kompromisse machen niemanden so richtig lupenrein glücklich. Als die Tarifparteien der nordwestdeutschen Stahlindustrie am Freitag- morgen nach mehr als zehn Stunden Verhandlung auseinandergingen, waren sie zwar sicher froh, bald ins Bett fallen zu können, mit dem Abschluss waren jedoch beide Parteien nicht zu 100 Prozent zufrieden. Den Arbeitgebern ist die Tarifsteigerung zu hoch, den Arbeitnehmern die Vertragslaufzeit zu lang. Aber in erster Linie geht es bei Tarifverhandlungen auch nicht ums Glücklichsein.

Mit dem Kompromiss, der nach mehreren Tagen mit Warnstreiks in der dritten Verhandlungsrunde geschlossen wurde, können Arbeitgeber und Arbeitnehmer gut leben. Nach einer langen düsteren Phase scheinen sich die wirtschaftlichen Aussichten endlich aufzuhellen. Das spürt trotz Kurzarbeit, die kürzlich die Mitarbeiter der Peiner Träger traf, auch die Salzgitter AG.

Wie gut der Tarifabschluss wirklich ausfällt, werden in den kommenden 21 Monaten die konjunkturellen Rahmenbedingungen der Stahlbranche und die Inflationsrate zeigen. Steigt die Teuerungsrate zu stark, werden die Beschäftigten nicht viel vom Lohnplus haben. Dann wären die Arbeitgeber glimpflich davongekommen. Denn die Tarifforderung hätte höher angesetzt werden können. Entwickelt sich die Stahlkonjunktur g ut, sind beide Profiteure. Die Industrie kann sich die Tarifsteigerung locker leisten, die Arbeitsplätze werden sicherer, die Ausgangsposition für die Tarifverhandlungen Ende 2018, Anfang 2019 verbessern sich.

Auch dann wird es wieder einen Kompromiss geben: Die Arbeitnehmer und Arbeitgeber sitzen zwar an unterschiedlichen Enden des Tisches, der Tisch steht letztlich aber im selben Boot. Nur wer für seine Arbeit auch angemessen gut bezahlt wird, rudert gerne mit. Die Tarifsteigerungen dürfen das Schiff aber nicht zu sehr belasten und in die Tiefe ziehen.