„Schulz zieht sich von einem der wichtigsten Beiträge seiner Partei zum zweiten deutschen Wirtschaftswunder zurück.“

Martin Schulz stellt wesentliche Teile der Agenda 2010 infrage. Damit zieht sich der SPD-Kanzlerkandidat vom wichtigsten Beitrag zurück, die seine Partei zum zweiten deutschen Wirtschaftswunder geleistet hat. So sieht wohl unbedingter Erfolgswille aus.

Gerhard Schröder veränderte mit diesem Reformpaket die Rahmenbedingungen. Der SPD-Kanzler und sein Co-Architekt Frank-Walter Steinmeier waren davon überzeugt, dass es besser sei, Arbeitslosen den Wiedereinstieg durch schlechtere Konditionen zu erleichtern, als Dauerarbeitslosigkeit zu finanzieren. Seither tobt ein Glaubenskrieg.

Schröders Kritiker verweisen dabei immer wieder auf die große Zahl derer, die von ihrer Hände Arbeit nicht leben können. Was sie regelmäßig verschweigen: Für diese Menschen gäbe es vielfach keine besser bezahlte Arbeit. Die Leistung Schröders besteht gerade darin, die staatlichen Rahmenbedingungen der wirtschaftlichen Realität anzupassen. Dass die Reform sensiblen Gruppen wie den Alleinerziehenden nicht gerecht wurde, spricht gegen die Ausführung, aber nicht gegen den Grundgedanken. Und die kritikwürdige Tatsache, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich öffnet, hat mit der Agenda wenig zu tun. Schuld ist eine Steuerpolitik, die dem Gedanken der Solidargemeinschaft seit Jahrzehnten nicht mehr gerecht wird – sehr leistungsfähige Unternehmen und Privatpersonen tragen zu wenig zum Staatshaushalt bei.

Schulz will der Kandidat der sozialen Wärme sein. Das ist seine einzige Chance: Die technokratische Kanzlerin öffnet Schulz den Raum, und die Agitatoren von ganz links und ganz rechts drängen ihn hinein. Noch sind die Ankündigungen vage, aber die Richtung ist klar: Die SPD, die sich seit Jahren von der Partei der Arbeit in eine Partei der Umverteilung zurückentwickelt, geht den nächsten Schritt. Schulz ist in der Nahles-SPD angekommen.