„Steinmeier wird erst dann ein großer Bundespräsident sein, wenn er die große Freiheit des Amtes erkennt.“

Deutschland hat einen neuen Bundespräsidenten. Es ist der dritte Sozialdemokrat nach Gustav Heinemann und Johannes Rau.

Die Wahl Frank-Walter Steinmeiers war natürlich keine „Farce“, obwohl er in der Bundesversammlung als einziger eine Chance hatte. Dass sich die beiden großen Parteien auf einen gemeinsamen Kandidaten verständigen konnten, ist eher erfreulich als kritikwürdig. Zu oft musste der Wähler erleben, wie überzeugende Personalien am Ende am falschen oder mangelnden Parteibuch scheiterten. Beinahe wäre es Joachim Gauck so ergangen, der in der Bundesversammlung zum Abschied fast wie ein Popstar gefeiert wurde und sogar mehr Applaus als der neue Bundespräsident erhielt.

Jetzt also Frank-Walter Steinmeier. Er passt in das Amt des ersten Mannes im Staat. Das Verbindliche, das Nachdenkliche wird Steinmeier helfen. Aber er wird erst dann ein großer Bundespräsident sein, wenn er die große Freiheit des Amtes erkennt, politisch unbequem zu sein und Missstände mutig zu benennen.

Das ist nötig, denn die Zeiten haben sich dramatisch geändert. Deutschlands wichtigster Verbündeter wird von einem Präsidenten regiert, der binnen drei Wochen fast alle gemeinsamen Grundwerte des Westens in Frage gestellt hat. In Moskau residiert ein Präsident, der das Völkerrecht eher als Option sieht und bereit ist, Grenzen mit militärischer Gewalt zu versetzen. Die EU könnte nach einem Wahlsieg Marine Le Pens zerfallen, und in Deutschland erleben wir den Beginn eines politischen Grabenkriegs mit einer dramatischen Verschiebung nach rechts sowie – so muss man es leider angesichts der unkontrollierten Zuwanderung sagen – einer Teilauflösung staatlicher Ordnungs-Prinzipien.

Hier ist genug Raum für klare Worte und moralische Leitplanken, die ein Bundespräsident setzen muss.