„Die immer neuen Skandalnachrichten, die Ungewissheit, die maximale Intransparenz behindern den Weg aus der Krise.“

Wer antike Tragödien oder amerikanische Endzeit-Filme liebt, mag seine Freude haben. Wer aber an die Zukunft Volkswagens und seiner Mitarbeiter denkt, dem wird himmelangst. Gerade, als sich die dunklen Wolken um Europas größten Autobauer zu lichten schienen, als gerichtliche Auseinandersetzungen beigelegt wurden, als Volkswagen wieder durch Strategie statt Skandal von sich reden machte, begann der nächste Akt im Selbstzerstörungsdrama dieses Unternehmens.

Der ehemalige Vorstandschef Winterkorn soll frühzeitig vom Dieselbetrug gewusst haben. Und, wie seit gestern behauptet wird, Ministerpräsident Stephan Weil und Betriebsratschef Bernd Osterloh auch. Würde das stimmen, hätten alle drei die Unwahrheit gesagt. Das bestreiten sie.

Quelle der Vorwürfe, deren Veröffentlichung seltsam choreographiert anmutet, sind offenkundig die Aussagen des früheren Aufsichtsratschefs Ferdinand K. Piëch bei der Staatsanwaltschaft und der Kanzlei Jones Day. Wie konkret und wie fundiert sie sind, bleibt unklar: Wer auch immer sie streut, er bleibt im Ungefähren.

Falls sie konkret sein sollten und falls sie zuträfen – warum wäre Piëch dann nicht eingeschritten, wie es doch seine Pflicht als oberster Aufseher des Unternehmens gewesen wäre? „Ich bin auf Distanz zu Winterkorn“ wäre kaum die angemessene Reaktion.

Spiegeln die Aussagen am Ende nur das diffuse Gefühl, da könne etwas nicht stimmen? Der Beweis steht aus. Und so gilt in unserem Land auch für Ministerpräsidenten und Betriebsratsvorsitzende die Unschuldsvermutung.

Allerlei Wunderwesen wollen es immer schon ganz genau gewusst haben. Was ist Wahrheit, was Besserwisserei? Sicher ist nur eines: Die immer neuen Skandalnachrichten, die Ungewissheit, die maximale Intransparenz, sie erzeugen im Unternehmen, bei seinen Partnern und Kunden große Unruhe. Sie blockieren den Weg aus der Krise.

Dieser Weg wäre auch so schon steinig genug – der knallharte Streit zwischen VW-Markenchef Diess und den Arbeitnehmervertretern zeigt es.