„Mit den Razzien sende man eine deutliche Botschaft an radikale Islamisten.“

Es dürfte Zufall sein, dass Sicherheitsbehörden in Berlin wie Hessen binnen 24 Stunden gegen Terrorverdächtige vorgegangen sind. Das Dilemma lautet gewöhnlich: Wartet die Polizei ab, passiert womöglich etwas. Schreitet sie früh ein, kommt es hinterher zu keiner oder nur einer milden Verurteilung. Das ist die Abwägung, die vor allem die Berliner beim jüngsten Zugriff treffen mussten, wohingegen die Vorwürfe gegen den 36-Jährigen in Hessen zweifelsfrei belastend sind. Immerhin wurde der Tunesier wegen Beteiligung an Terrorakten in seiner Heimat gesucht. Man muss Peter Beuth dankbar sein, weil Hessens Innenminister gestern so eindeutig war: Mit den Razzien sende man eine deutliche Botschaft an radikale Islamisten. Man habe die Szene fest im Blick. Das ist ein Beispiel für Symbolpolitik im besten Sinne des Wortes. Die starken Töne sollten aber nicht von Strukturdefiziten ablenken. Eine schonungslose Analyse hat die Kommission des früheren Verfassungsrichters Martin Landau vorgelegt. Sie untersuchte den Fall al-Bakr in Chemnitz. Landau kritisierte, BKA und Generalbundesanwalt hätten beherzter eingreifen müssen, und machte eine Kultur der Unzuständigkeit aus. Dieses Sankt-Florians-Prinzip ist tödlich. Man findet es überall. Italien hat 2011 versucht, Amri nach Tunesien abzuschieben. Vergeblich. Auf Zeit spielte Tunesien auch im Fall des Mannes, der in Hessen verhaftet wurde. Das muss Innenminister de Maizière auf den Plan rufen.