„Die Lage in Kundus ist seit langem nicht friedlich. Trotzdem durfte Sybille Schnehage dorthin.“

Wenn man über die Entziehung von Reisepässen spricht, dreht sich die Diskussion meist um Islamisten, die es aus Deutschland nach Syrien oder in den Irak zieht. Nun trifft die Ausreisesperre mit Sybille Schnehage eine Frau, die seit mehreren Jahrzehnten den Menschen in der afghanischen Krisenregion Kundus hilft.

Der Fall ist schon deshalb keine Kleinigkeit, weil sie für eben dieses Engagement vielfach geehrt wurde. Das muss man sich mal vorstellen: Der Bundesgrenzschutz müsste die Trägerin des Bundesverdienstkreuzes aufhalten, falls Schnehage plant, in den Flieger Richtung Afghanistan zu steigen. Dort setzt sie den Folgen von jahrelangem Krieg, Terror und Armut mit dem Verein „Katachel“ etwas Positives entgegen: den Bau von Schulen, das Verteilen von Hilfsgütern an die verarmte Landbevölkerung. Ausgerechnet der Helferin wird untersagt, vor Ort zu helfen. Und zwar, weil sich die Sicherheitslage in Kundus verschärft hat, wie das Argument der Behörden lautet.

So sehr die Arbeit Schnehages geschätzt wird: Natürlich möchte niemand lesen, dass die Taliban sie kidnappen und Lösegeld verlangen – oder sie töten. Doch es stellen sich zwei Fragen: Seit sich Schnehage in Kundus engagiert, war es dort nie friedlich – trotzdem durfte sie dorthin reisen. Warum kann die Bundeswehr sie nicht beschützen? Und was wird aus den „Katachel“-Hilfsprojekten ohne die Macherin? Wird sich das Auswärtige Amt engagieren?