Braunschweig. Ackerfuchsschwanz und andere Unkräuter reduzieren den Ertrag. Deswegen werden sie bekämpft – mit Glyphosat oder notfalls mit dem Pflug.

Unser Leser Bernd Beith aus Groß Schwülper fragt:

Warum muss das Unkraut – vor allem das blühende – überhaupt vernichtet werden?

Die Antwort recherchierte Johannes Kaufmann

Blühende Wildkräuter dienen vielen Insekten als Nahrung. Auf dem Acker werden sie aber bekämpft – unter anderem mit Pflanzenschutzmitteln wie Glyphosat. Muss das sein, fragt sich unser Leser.

Es muss, sagt Ulrich Löhr, Vorsitzender des Landvolks Braunschweiger Land. Kein Landwirt könne Unkraut einfach stehenlassen, egal ob bio oder konventionell. Biodiversität sei grundsätzlich ein hohes Gut, allerdings nicht auf dem Acker. Dafür seien eher Refugien, Blühstreifen etwa, vorgesehen, sagt auch die Biologin und Sprecherin des Julius-Kühn-Instituts für Kulturpflanzenforschung (JKI) in Braunschweig, Stefanie Hahn.

Auf dem Acker will der Bauer schließlich Weizen ernten und nicht Ackerfuchsschwanz. Dieses Unkraut verbreitet sich auf Getreidefeldern schnell, wenn es nicht bekämpft wird. „In der Folge würden die Erträge sinken, bei diesem Unkraut um bis zu 50 oder sogar 60 Prozent“, schätzt Löhr. Denn dort, wo Unkraut wächst, könne die Kulturpflanze nicht wachsen, erklärt Hahn. „Das Kraut konkurriert um Platz, Sonne, Wasser und Nährstoffe.“

Darum bekämpfen Landwirte Unkräuter chemisch mit Pflanzenschutzmitteln wie Glyphosat oder mechanisch durch Bodenbearbeitung wie Pflügen, Grubbern oder Striegeln. Auch sogenannte Ausfallkulturen, Pflanzen der vorangegangenen Kultur, die nach der Ernte auf dem Acker wachsen, werden so bekämpft. Denn sie könnten Schaderreger wie Blattläuse auf die Folgekultur übertragen, teilt das Pflanzenschutzamt der Niedersächsischen Landwirtschaftskammer mit.

Unkrautbekämpfung dient der Sicherheit von Lebensmitteln

Doch nicht nur der Ernteertrag hängt von der Unkrautbekämpfung ab. Sie beeinflusst auch die Qualität und sogar die Sicherheit von Lebensmitteln. „Im Endprodukt will der Verbraucher am besten gar keine Biodiversität“, sagt Ulrich Löhr. Denn das hieße, dass im Produkt womöglich gefährliche Substanzen aus anderen Pflanzen enthalten sind. Ein Beispiel sind hochgiftige Tropan-Alkaloide, die 2015 in Bio-Hirsebällchen und Babybrei gefunden wurden. Sie stammten aus Bilsenkraut, das offenbar zwischen der Hirse gewachsen war und mit ihr geerntet wurde. Dieses Problem tritt vor allem bei Bio-Produkten auf, weil die Unkrautbekämpfung im ökologischen Landbau wegen des Verzichts auf synthetische Herbizide schwieriger ist.

Der Ökolandbau belastet die Umwelt zwar nicht mit synthetischen Wirkstoffen, doch auch das Pflügen hat ökologische Konsequenzen. Es befördert die Bodenerosion und stört die Mikro-Organismen im Boden, sagt Hahn vom JKI. Dass trotz starker Regenfälle zuletzt kaum Ackerboden auf die Straßen gespült wurde, schreibt Löhr vom Landvolk nicht zuletzt pfluglosen Anbaumethoden wie Mulch- oder Direktsaat zu. Diese sorgen dafür, dass die Ackerfläche stets mit Pflanzen bedeckt ist, die den Boden festhalten. Ein Verbot von Glyphosat, wie es zurzeit diskutiert wird, würde dies „in erosionsgefährdeten Gebieten nur noch eingeschränkt oder nicht mehr möglich“ machen, heißt es bei der Landwirtschaftskammer.

Vor allem würde sich ein Glyphosat-Verbot auf die Preise auswirken. „Bei vielen Anwendern würden sich die Produktionskosten verteuern“, schreibt die Landwirtschaftskammer. Die Kosten, die durch mehr mechanische Unkrautbekämpfung entstünden, schätzt das JKI auf durchschnittlich 40 Euro pro Hektar.