Braunschweig. Beim Radfahren laute Musik über Kopfhörer zu hören, ist gefährlich.

Für die einen ist es Rap, für die anderen Rock oder Indie-Pop – auf die Lieblingsmusik möchten viele Menschen heute auch unterwegs nicht verzichten. Moderne Technik macht es möglich: Smartphones und MP3-Player können große Datenmengen speichern, moderne Kopfhörer Musik in guter Qualität wiedergeben. So warnt der ADAC jetzt vor zu lauter Musik über Kopfhörer im Straßenverkehr. Immer häufiger passieren durch Ablenkung teilweise schwere Verkehrsunfälle.

„Es ist ein bundesweit spürbar zunehmendes Problem“, sagt Wolfgang Müller vom Fachbereich Verkehr beim ADAC in Niedersachsen. „Und das, obwohl die Dunkelziffer bei Unfällen durch Ablenkungen sehr hoch ist.“ Eine aktuelle ADAC-Untersuchung unter 7000 Schülern zeigt, dass fast jeder zehnte Schüler oder Student mit Kopfhörern auf dem Fahrrad unterwegs ist. Durch laute Musik würden Verkehrsgeräusche gedämpft, angemessene Reaktionen auf Verkehrslagen würden verhindert, warnt der ADAC.

Auf Umwelt konzentrieren

„Als Radfahrer, muss ich ständig in der Lage sein, meine Umwelt wahrzunehmen. Das geht nicht, wenn das Gehör beeinträchtigt ist“, erklärt Müller. Carla Bormann, Pressesprecherin des Deutschen Verkehrssicherheitsrates bestätigt: „Nicht nur akustisch ist man abgelenkt, auch gedanklich schweift man durch Musik leicht ab. Die Aufmerksamkeit sollte sich ganz auf die Umgebung konzentrieren.“ Gerade weil Radfahrer im Gegensatz zu Autofahrern ungeschützt sind, sei das wichtig, betont auch der ADAC. „Neue E-Autos, die sehr leise sind und so ohnehin schon leicht überhört werden, verschärfen das Problem“, erklärt auch Bormann. Trotzdem verzichteten besonders junge Menschen nicht auf Musikhören im Straßenverkehr. „Ständige Beschallung und Medienpräsenz gehören heute zum Alltag. Viele glauben, sie könnten diese Reize und die der Umgebung gleichzeitig verarbeiten. Studien beweisen aber, dass das Gehirn nur eine Aufgabe mit voller Aufmerksamkeit bewältigen kann.“

Verboten ist das Tragen von Kopfhörern im Straßenverkehr nicht, wie Julia Mispelhorn, die Verkehrssicherheitsberaterin der Polizeidirektion Braunschweig weiß. „Es gibt allerdings eine Einschränkung, denn die Straßenverkehrsordnung untersagt zu laute Musik. Es darf nur so leise gehört werden, dass Umgebungsgeräuschen wie Signaltöne von Einsatzfahrzeugen noch wahrgenommen werden.“ Wer mit zu lauter Musik erwischt wird, muss mit einem Bußgeld von zehn Euro rechnen. Kommt es zu einem Unfall, kann sich der Kopfhörer-Nutzer strafbar machen. „Das ist aber schwer nachzuweisen, denn wie bewertet man, ab wann die Musik zu laut ist? Das kann oft nur am Verhalten einer Person, also einer allgemeinen Unaufmerksamkeit, erkannt werden“, so Mispelhorn. Bormann ergänzt: „Es lässt sich selten beweisen, ob eine Ablenkung der Grund für

den Unfall war.“ So kann die

Polizeidirektion Braunschweig einen Anstieg von Unfallzahlen wegen Ablenkung nicht statistisch greifen. „Die Kollegen im Streifendienst berichten aber immer häufiger von diesem Phänomen.“

Selten Ablenkung durch Handy

Eine Umfrage unter jungen Menschen in Braunschweig zeigt, dass viele das Problem ernst nehmen. Mit Kopfhörern im Verkehr unterwegs waren trotzdem alle der Befragten schon. Sie hören ihre Lieblingssongs aber meist während des Fußwegs durch die Innenstadt oder in Bus und Bahn. Und selbst dort finden es nicht

alle in Ordnung: „Mich stört, wenn die Musik anderer so laut ist, dass auch die Umwelt sie hört. Deswegen drehe ich nie so auf“, sagt der 22-jährige Erik Pietsch.

Ein vergleichsweise geringes Problem ist laut der ADAC-Studie die Ablenkung durch Smartphones beim Radfahren. Nur 160 der 7000 beobachteten jungen Erwachsenen nutzten während der Fahrt das Handy. Auch davor warnen die Experten: „Jede Ablenkung im Straßenverkehr ist gefährlich“, sagt Mispelhorn. Erst am 19. Oktober traten die Änderungen im Bußgeldkatalog der Straßenverkehrsordnung in Kraft. Telefonierende Radfahrer müssen seitdem mit einem Bußgeld von 55 Euro statt wie zuvor 25 Euro rechnen.