Hannover. Die Kultusministerin rieb sich im Amt auf, bis auch die Parteifreunde die Geduld mit ihr verloren.

Unser Leser Emanuel Chmielarski bemerkt auf unseren Internetseiten:

Sie geht, bevor sie gegangen wird! Und ob es eine SPD geführte Regierung geben wird, steht auch noch nicht fest ...

Die Antwort recherchierte Michael Ahlers

Dem Dank an seine scheidende Kultusministerin schloss Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ein Versprechen an. „Sie wird auch in Zukunft in der niedersächsischen Politik eine wichtige Rolle spielen“, versicherte Weil. Frauke Heiligenstadt ging als Ministerin, bevor sie gegangen wurde – genau wie unser Leser es sagt.

„Frauke Heiligenstadt hat die Lage an den Schulen nie in den Griff bekommen “
„Frauke Heiligenstadt hat die Lage an den Schulen nie in den Griff bekommen “ © Bernd Althusmann (CDU), Ex-Kultusminister und neuer Fraktionschef

Als Oppositionspolitikerin im Landtag hatte die Diplomverwaltungswirtin den CDU/FDP-Landesregierungen heftig Kontra gegeben. Nach dem Machtwechsel wurde Heiligenstadt dann im Februar 2013 Kultusministerin. In der Serie der Pressekonferenzen, die das damalige Weil-Kandidatenteam in der SPD-Zentrale abhielt, gehörte Heiligenstadts zu den besten. Ihre wohl letzte Rede als Ministerin im Landtag dagegen klang wie so oft beleidigt, schrill und ein wenig zickig.

Vor der Presse und auch intern hatte Heiligenstadt am Freitag noch einmal auszugsweise aufgelistet, was sie sich als Erfolgsbilanz zugutehält: das Aus für das Turbo-Abitur, beim Ganztag in der „Spitzengruppe der Bundesländer“, neue Entwicklungsperspektiven für Gesamtschulen in Niedersachsen, mehr Lehrer denn je, dazu der Ausbau der Schulsozialarbeit, Inklusion, dritte Kraft in Krippen und mehr Krippenplätze. Bernd Althusmann, einst selbst Kultusminister und mittlerweile CDU-Fraktionschef und Landesvorsitzender, sprach von einem Scherbenhaufen. „Frau Heiligenstadt trägt die Verantwortung für die kontinuierlich sinkende Unterrichtsversorgung und die Probleme bei der Umsetzung der Inklusion“, sagte Althusmann. „Frauke Heiligenstadt hat in den vergangenen viereinhalb Jahren die Lage an den niedersächsischen Schulen nie in den Griff bekommen – mit katastrophalen Folgen für Schüler, Lehrer und Eltern“, erklärte der FDP-Abgeordnete Björn Försterling.

Nie erholt hatte sich die Landesregierung vom Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg zur Lehrerarbeit. Dass Niedersachsens Gymnasiallehrer 45 Minuten pro Woche mehr unterrichten sollten, verwarf das Gericht im Jahr 2015. Schule sei mehr als Unterricht, lautete eine Kernaussage Heiligenstadts, Zuletzt zog sie noch 1200 weitere Unterrichtsstunden aus dem System – zwecks Konzepten zur Berufsorientierung.

„Ich weiß, dass sich auch gerade an meiner Person immer ganz viele gerieben haben“, räumte sie ein. Selbst bei einer absoluten Mehrheit der SPD werde Heiligenstadt nicht wieder Kultusministerin, hieß es in Parteikreisen leicht zynisch. Viele schlechte Nachrichten bei einem deutlich steigenden Bildungsetat – diese Kombination passte auch der rot-grünen Koalition nicht. Doch Heiligenstadt hat deutlich gemacht, dass sie nicht in der Schmollecke sitzen will. Wird Heiligenstadt Landtagspräsidentin oder mal SPD-Generalsekretärin? Dass die SPD, wenn sie denn wieder mitregiert, das Kultusressort besetzen will, gilt übrigens keineswegs als sicher. Wie es mit Heiligenstadt lief, war offenbar eine ernüchternde Erfahrung.