Hannover. Der Spitzenkandidat will Fraktionschef werden, SPD und Grüne werben für eine „Ampel“ mit der FDP. Doch ob die klappt, ist fraglich.

Zumindest einen Vorteil hatte Niedersachsens AfD-Landesvorsitzender Armin-Paul Hampel, als er am Morgen nach der Wahl wie die anderen Parteichefs oder Generalsekretäre im Landtagsgebäude die Lage beschrieb. Die AfD hatte dabei die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen, anders als die Linke. Im Poker darum, wer künftig mit wem das Land regiert, spielt die AfD aber keine Rolle. „Endlich mal wieder eine Oppositionspartei mit Wirkung“, kündigte Hampel daher eine intensive inhaltliche Auseinandersetzung mit den „Altparteien“ im Landtag an.

SPD-Generalsekretär Detlef Tanke kam bestens gelaunt. Dass die Regierungsbildung Sache der SPD sei, hatte Ministerpräsident und SPD-Landeschef Stephan Weil schon am Wahlabend betont. Zum ersten Mal seit 1998 lag die SPD mit 36,9 Prozent der Zweitstimmen vor der CDU. Tanke erinnerte noch einmal an die gelegentlich harte Gangart der CDU im Landtag, „manchmal weit über Maß und Mitte“. Und Tanke rollte auch den Übertritt der Grünen-Landtagsabgeordneten Elke Twesten zur CDU noch einmal auf. Rot-Grün hatte dadurch die Mehrheit im Landtag verloren, die vorgezogenen Wahlen waren die Folge gewesen. Weils Ankündigung vom August, keiner Intrige zu weichen, stellte Tanke als Initialzündung für den erfolgreichen SPD-Wahlkampf heraus.

Die Botschaft an die CDU war klar: Die SPD will keine Große Koalition mit einem Juniorpartner Althusmann. Was Tanke dagegen schon recht detailliert ausmalte, waren Gespräche mit der FDP. Zwar hatte FDP-Spitzenkandidat Stefan Birkner eine „Ampel“ unter Führung der SPD und mit den Grünen abgelehnt und auch ausgeschlossen. Die FDP werde kein Mehrheitsbeschaffer für Rot-Grün sein, so Birkner. „Es ist dann ja keine rot-grüne Landesregierung mehr, sondern es wäre eine Ampel-Landesregierung, die eine andere inhaltliche Ausrichtung hat“, betonte Tanke. Doch FDP-Generalsekretär Gero Hocker lehnte Verhandlungen strikt ab. Es werde keine „Ampel“ geben, sagte Hocker. CDU-Generalsekretär Ulf Thiele räumte Fehler im Wahlkampf ein. Im Fall Twesten hätte die CDU offensiver klarstellen müssen, dass alle Verschwörungstheorien falsch seien, sagte Thiele. Über Landesthemen wie den Unterrichtsausfall sei im Wahlkampf nicht ausreichend gesprochen worden, der kurze Wahlkampf sei schwer zu führen gewesen. Eine echte Wechselstimmung sei nicht vorhanden gewesen.

„Althusmann hat alles gegeben in diesem Wahlkampf“, betonte Thiele. In der CDU scheint man übereingekommen zu sein, dass in dieser Lage eine Personaldiskussion über den Spitzenkandidaten nicht hilfreich ist. In der Wahlnacht hatte Bernd Althusmann noch mehrfach von der CDU als stärkster Kraft gesprochen. Doch diese Zeiten sind vorbei. An diesem Dienstag will sich der CDU-Spitzenkandidat zum neuen Fraktionschef der CDU im Landtag wählen lassen. Seinen neuen Wahlkreis hatte Althusmann immerhin knapp direkt gewonnen.

Der Noch-Fraktionschef Bernd Thümler hatte bereits angekündigt, Althusmann nicht im Wege stehen zu wollen. Stefan Birkner wollte sich bei der FDP wieder zum Fraktionsvorsitzenden wählen lassen. Neu in der FDP-Fraktion ist unter anderem Susanne Schütz, bislang stellvertretende Hauptschulleiterin in Salzgitter und gut in der Partei vernetzt. „Heute habe ich noch Mathematik unterrichtet“, erzählte sie am Telefon. Grüne und SPD treffen sich an diesem Dienstag zur Fraktionssitzung.

AfD-Landeschef Hampel musste sich auch Fragen zu anhaltender Kritik an ihm anhören. Parteiinterne Kritiker Hampels aus Berlin sowie in Niedersachsen hatten gerade wieder einen Neuanfang an der Parteispitze im Land gefordert. „Ein Vorsitzender sollte nach unserer Auffassung transparent arbeiten, fair mit Kritikern umgehen, organisieren, strukturieren und führen können“, schrieben Vorstandsmitglieder in einer E-Mail. Er wolle ein Ende des Streits, sagte Hampel. Der Blick dürfte sich ab Mitte November aber ohnehin sehr stark auf die neue Landtagsfraktion richten. Dort wird auch der Braunschweiger AfD-Politiker Stefan Wirtz Platz nehmen.