Braunschweig. Die Hersteller von E-Autos bieten unterschiedlichen Service für Liegenbleiber.

Unser Leser Jürgen Kröhl aus Bechtsbüttel fragt:

Was passiert eigentlich, wenn ich mich verschätzt habe und mit einem E-Auto liegen bleibe?

Die Antwort recherchierte Lars Rücker

Elektro-Autos haben gegenüber Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor augenscheinlich einen Nachteil. „Die Reichweite der E-Autos ist weiterhin eine Herausforderung, aber lösbar“, bringt es Markus Henke, Leiter des Instituts für elektrische Maschinen, Antriebe und Bahnen der TU Braunschweig, auf den Punkt.

Welche Lösungen gibt es für das Liegenbleiben mit Elektro-Autos? Henke erklärt, dass es bislang jedenfalls kein probates Mittel für unterwegs gebe: „Einen Reservekanister wie bei einem Auto mit Verbrennungsmotor gibt es meines Wissens nicht. Man kann keine weiteren Batteriezellen zum Laden mit sich führen. Eventuell gibt es herstellerabhängig stille Reserven, auf die im Notfall zurückgegriffen werden kann.“

Doch wie reagieren überhaupt Abschlepp-Unternehmen, Automobilhersteller oder der ADAC darauf, wenn ihren Kunden plötzlich auf offener Strecke der Saft ausgeht? Ingo Mertens ist Inhaber eines Abschlepp-Dienstes in Vordorf im Landkreis Gifhorn. Er berichtet, dass er zwar auch zu Notfällen gerufen wird, bei denen Elektro-Autos abgeschleppt werden müssen, es sich dabei aber meist um normale Probleme wie beispielsweise einen geplatzten Reifen handle. „Dass ein Fahrzeug aufgrund eines entladenen Akkus nicht mehr weiterfahren konnte, ist in diesem Jahr höchstens zehnmal vorgekommen“, erklärt Mertens. Christine Rettig, Pressesprecherin des ADAC Niedersachsen, bekräftigt ebenfalls, dass ein Abschleppen alternativlos sei: „Wir transportieren die E-Autos zur nächsten Ladesäule.“ Ob dabei für den Besitzer des Fahrzeugs Kosten entstehen, liege dann an einer möglichen Mitgliedschaft beim Automobilclub. „Aber auch unsere Technischen Berater können im Notfall telefonisch weiterhelfen.“

Die Automobilhersteller verfolgen ganz unterschiedliche Systeme. Bei Volkswagen zum Beispiel kann man sein Elektro-Fahrzeug zweimal im Jahr kostenfrei abschleppen lassen, berichtet Peter Weisheit aus der Technologie-Kommunikation. „Allerdings besagt unsere Statistik, dass viel mehr Autos mit Verbrennungsmotor aufgrund von Treibstoffmangel nicht mehr weiterfahren können. Die Nutzer von E-Autos wissen um die geringe Reichweite und achten von sich aus darauf.“ Außerdem gebe es noch einen Trick: „Startet der Fahrer den Motor neu, hat er noch einmal eine Reichweite von

200 Metern, um sich von einer eventuellen Gefahrenstelle zu entfernen“, erklärt Weisheit.

Beim französischen Automobilhersteller Citroën ist man weniger kulant. Die Autos haben diverse Modi zum Energiesparen und melden sich frühzeitig, wenn sie Energie benötigen. „Ignoriert der Fahrer die mehrfachen Warnungen, ist er selbst dafür verantwortlich – das ist genau so, als wenn er aufgrund Spritmangels mit einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor liegenbleibt“, erläutert Susanne Beyreuther, Leiterin der Pressestelle.

Ohnehin hat nahezu jeder Hersteller in seiner Software Sparprogramme eingepflegt, die bei Bedarf die Klimaanlage, das Radio oder andere Services im Auto zugunsten der Reichweite ausschalten. Doch der Fahrer selbst kann mit einer angepassten Fahrweise für eine längere Akkulaufzeit sorgen. TU-Institutsleiter Markus Henke erklärt: „Langsam fahren und das Ausschalten von Heizung oder Klimaanlage sind einzig sinnvolle Lösungen zum Energiesparen.“