Braunschweig. Der scheidende Bundestagspräsident besucht in Braunschweig das Herzog-Anton-Ulrich-Museum und das Schloss.

Braunschweig. Zwei Stunden hatte Norbert Lammert Zeit, um ein strammes Braunschweig-Programm zu absolvieren: erst Herzog-Anton-Ulrich-Museum (HAUM), dann Schloss-Museum mit Besuch der Quadriga auf dem Dach. Im HAUM huschte der kunstinteressierte Besucher so schnell durch die Gemäldegalerie, dass aus einer Gruppe älterer Damen, die kurz von der Entourage des Bundestagspräsidenten bei ihrer Führung gestört wurde, ungläubiges Flüstern zu vernehmen war: „War das nicht der Herr Lammert?“

Das passte gut zum leisen Besuch des Parlamentspräsidenten. Reden hielt er keine, auch die ansonsten obligatorische Lobrede auf den Gastgeber fiel aus. Wie Wahlkampf wirkte Lammerts Auftritt auf Einladung des CDU-Bundestagsabgeordneten Carsten Müller nicht. „Ich glaube, die Zeit der Kundgebungswahlkämpfe ist vorbei“, sagte Lammert bei einem kurzen Pressegespräch im Schloss-Museum.

Immerhin, das konnte man als kleine Spitze gegenüber der SPD verstehen, die zu diesem Zeitpunkt keine 50 Meter entfernt auf dem Schlossplatz eine große Bühne für Kanzlerkandidat Martin Schulz vorbereitete. Musste man aber nicht.

Lammert war die Erleichterung über sein Ausscheiden aus Amt und Mandat deutlich anzumerken. „Ich stelle mit Rührung fest, dass mit der Offensichtlichkeit meines Abschieds die Reaktionen von Skepsis und Ablehnung nun Offenheit und Zustimmung weichen“, sagte Lammert und verwies auf die lobenden Worte, die Gregor Gysi in der vergangenen Woche über den scheidenden Bundestagspräsidenten verlor.

Trotz des nahenden Endes seiner Karriere sei der Terminkalender voll. „Meine Frau hat sich schon gefreut, dass dies nach 40 Jahren der erste Wahlkampf ohne mich sein würde. Aber meine Verantwortung als Staatsbürger ist unabhängig davon, ob mein Name auf einem Wahlzettel steht“, so Lammert. Er habe eine „unrealistisch hohe Zahl von Einladungen“ erhalten.

Da ist sie also doch noch, die Wahlkampfaussage. Jeder Kandidat würde den Bundestagspräsidenten gern in seinem Wahlkreis begrüßen. Für Braunschweig aber habe er sich Zeit genommen – ein leises Lob für Müller, der Lammert über die Kultur in seine Stadt locken konnte – der „Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält“, wie Lammert es ausdrückt.