Braunschweig. Zuverlässige Aussagen über die Gültigkeit von Flugtickets gelten nur bis Oktober.

Unsere Leserin Tanja aus Wolfsburg fragt:

Wir fliegen von November bis Dezember mit Air Berlin nach Miami. Behalten die Tickets trotz Übernahme der Airlines ihre Gültigkeit?

Die Antwort recherchierten Tobias Bosse und unseren Agenturen

Der Sommer ist gesichert. Das sagt zumindest das Bundesverkehrs- und das wirtschaftsministerium in einer gemeinsamen Presseerklärung. 150 Millionen Euro macht Vater Staat für die Aufrechterhaltung des Flugbetriebs von Air Berlin locker. Das Geld soll für die nächsten drei Monate reichen und dafür sorgen, dass alle Air-Berlin-Passagiere aus dem Ausland auch wieder nach Deutschland kommen können.

Was nach dieser Überbrückungszeit kommt, ist bislang allerdings noch völlig unklar. Zumindest für jene, die ihr Flugtickets direkt bei Air Berlin oder der Tochter Niki gebucht haben.

Nach eigenen Angaben verhandelt das Unternehmen aktuell mit drei verschiedenen Interessenten. Somit kann auch niemand gewährleisten, dass Flugtickets nach dem Verkauf von Air Berlin noch ihre Gültigkeit besitzen. Zumal die komplette Übernahme der insolventen Airline durch einen alleinigen Käufer aus kartellrechtlichen Gründen ausgeschlossen ist. Daher ist es nicht absehbar, wer im Falle einer Zerteilung des Unternehmens welches Stück vom Kuchen bekommt. Die Lufthansa – einer der drei Interessenten – wollte sich auf Nachfrage nicht zum Thema äußern und verwies auf laufende Verhandlungen mit Air Berlin. Jeder, der eine Pauschalreise bei einem Veranstalter gebucht hat, kann hingegen unbesorgt seine Hände in den Schoß legen, denn in diesem Fall muss der Veranstalter sich um entsprechenden Ersatz kümmern.

Lufthansa will sich bis nächste

Woche große Teile sichern

Der deutsche Marktführer Lufthansa will sich aus der Insolvenzmasse einen großen Teil der Flugzeuge sichern. Es könne um rund 90 der 144 Flugzeuge gehen, wurden am Donnerstag entsprechende Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ in Unternehmenskreisen bestätigt. Weiter Gespräche soll es nach dpa-Informationen mit Easyjet und Tuifly geben. Lufthansa sieht sich unter großem Zeitdruck, so dass die bereits weit gediehenen und seit Monaten vorangetriebenen Verhandlungen schon in der kommenden Woche abgeschlossen werden könnten, wie die Zeitung erfuhr. Mit dem Air-Berlin-Vorstand und dem Sachwalter Lucas Flöther solle auch am Wochenende darüber verhandelt werden. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) nannte es dringend geboten, dass Lufthansa wesentliche Teile der insolventen Airline übernimmt. „Wir brauchen einen deutschen Champion im internationalen Luftverkehr“, sagte Dobrindt der „Rheinischen Post“.

Gucken die 8000 Beschäftigten am Ende in die Röhre?

Die Gewerkschaft Verdi fürchtet, dass die Interessenten nur die Flugzeuge kaufen wollen und die mehr als 8000 Beschäftigten von Air Berlin sich neu bewerben müssen. „Dann wären Lohnverluste von bis zu 50 Prozent zu befürchten“, sagte Bundesvorstandsmitglied Christine Behle nach einem Gespräch mit Air Berlin-Personalchefin Martina Niemann. „Diese Perspektive hat uns ziemlich geschockt.“ Verdi fordert von den Übernehmern, die Beschäftigen zu fairen Konditionen zu übernehmen.

Die Flugbegleitergewerkschaft Ufo kritisierte: „Die Bieter wollen nur das Blech, und die Leute können sehen, wo sie bleiben.“ Baublies appellierte an die Politik, die Arbeitsplätze zu aktuellen Bedingungen zu sichern. „Mit dem 150-Millionen-Kredit sollten schließlich die Jobs gerettet werden“, sagte Tarifvorstand Nicoley Baublies der Deutschen Presse-Agentur. Lufthansa will neben bereits angemieteten 38 Air-Berlin-Jets die österreichische Touristik-Tochter „Niki“ und weitere Flugzeuge übernehmen. Sie sollen unter dem Dach der Lufthansa-Tochter Eurowings an den Start gehen. In der Zahl seien auch die meisten der 17 Langstrecken-Flugzeuge der Air Berlin enthalten, die ebenfalls an die Eurowings gehen sollen.

Ryanair hatte die geplante Übernahme großer Flottenteile durch die Lufthansa scharf kritisiert und Klage bei den Kartellbehörden eingereicht. Kein Interesse hat Lufthansa dem Vernehmen nach an älteren Propeller-Maschinen und an den 14 Boeing-Jets, die Air Berlin zu hohen Kosten von der Tuifly gemietet hat. Sie könnten an den Touristikflieger des Tui-Konzerns zurückfallen. Winkelmann sagte im Gespräch mit „Bild“ und „B.Z.“: „Aus heutiger Sicht ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die Marke Air Berlin verschwindet.“ Die Pläne der Lufthansa stoßen aber weiter auch auf Gegenwind. „Air Berlin und Lufthansa sind auf vielen Flugstrecken direkte Konkurrenten“, sagte der Chef der Monopolkommission, Achim Wambach, der „Rheinischen Post“. Lufthansa müsse bei einer Übernahme „mit strengen Bedingungen und Auflagen rechnen“. Dazu zähle der Verzicht auf weite Teile der begehrten Landerechte.