Berlin. Die Deutschen bewerten die Arbeit der Minister im Kabinett Merkel nach vier Jahren Großer Koalition sehr unterschiedlich.

Im Herbst seiner Karriere steht er glänzend da: Mit keinem anderen im Kabinett sind die Deutschen so zufrieden wie mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). In einer Kantar-Emnid-Umfrage für unsere Zeitung schneidet er sogar besser ab als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Zum Ende der Legislaturperiode wollten wir wissen, wem die Bürger das beste Zeugnis ausstellen. Die Minister Brigitte Zypries (Wirtschaft, SPD) und Katarina Barley (Familie, SPD) nahmen wir aus, weil sie erst seit Monaten im Amt sind; und Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU), weil er im Hintergrund operiert. Die Top drei sind vertraut: Schäuble, Merkel, Außenminister Sigmar Gabriel (SPD). Am anderen Ende der Skala stehen Hermann Gröhe (Gesundheit, CDU), Ursula von der Leyen (Verteidigung, CDU) und Alexander Dobrindt (Verkehr, CSU). Die repräsentative Befragung unter 1017 Bürgern fand zwischen dem 8. und 10. August statt. Der Diesel-Gipfel lag da in der Luft – für Dobrindt war es eine Stinkbombe. Die Einzelbeurteilungen:

Zufriedenheit mit Merkels Kabinett

So wird Kanzlerin Merkel beurteilt neu

Wolfgang Schäuble: Seit 1972 im Bundestag, seit 1984 in öffentlichen Ämtern, in einem Monat wird er 75 Jahre alt. 62 Prozent sind mit ihm eher zufrieden, nur 28 Prozent eher unzufrieden. Das ist in diesem Amt, aber nicht in dieser Zeit überraschend. Denn: Von ihm kamen keine Zumutungen, keine Steuererhöhungen, und die „schwarze Null“ steht für Solidität und Stabilität.

Angela Merkel: Minimal dahinter, bloß zwei Prozentpunkte. Ein Feindbild ist sie nur für AfD-Leute. 97 Prozent von ihnen sind mit ihr eher unzufrieden.

Sigmar Gabriel: Seit Januar Chefdiplomat, davor Wirtschaftsminister. 54 Prozent der Bürger geben ihm gute Noten. Da ist noch Luft nach oben, jedenfalls in diesem Amt. Der Außenminister steht über dem Parteienstreit und erfreut sich traditionell größter Beliebtheit.

Thomas de Maizière: Die Hälfte der Befragten ist mit dem Innenminister zufrieden, 35 Prozent eher nicht, 15 Prozent machten keine Angaben. Der CDU-Mann war vier Jahre fast ununterbrochen im Fokus, von Terrorlage zu Terrorlage. Nach dem Urteil der Menschen war er eher ein Aktivposten.

Heiko Maas: 32 Prozent senken den Daumen, 42 Prozent stellen dem SPD-Justizminister ein gutes Zeugnis aus. Auf ihn gehen die Mietpreisbremse und die Initiative gegen Hasskommentare im Netz zurück. Wer nur die Handlung im Auge hat, wird ihm nicht gerecht. Haltung hat er in der Auseinandersetzung mit rechts gezeigt. Bei AfD-Anhängern fällt er so drastisch durch wie Merkel.

Barbara Hendricks: Knapp positiv (37 zu 36 Prozent) ist das Urteil über die Umweltministerin, übrigens auch bei Grünen-Anhängern. Die Mission der Ministerin war die Pariser Klimakonferenz, das Klima ist nach einer anderen Umfrage wiederum das wichtigste Thema für die Deutschen. Hat Hendricks wirklich alle ihre Möglichkeiten ausgereizt?

Gerd Müller: 29 Prozent der Menschen sind eher zufrieden mit ihm, 23 Prozent nicht. Der CSU-Entwicklungshilfeminister kämpft hart an der Wahrnehmungsschwelle. 48 Prozent antworteten: „weiß nicht, keine Angabe“.

Andrea Nahles: Überraschend sind die schlechten Noten für die Sozialministerin, die affärenfrei blieb und beim Mindestlohn Wort gehalten hat. Dennoch sind nur 38 Prozent der Befragten zufrieden, 44 Prozent erklärtermaßen nicht. Selbst unter den SPD-Anhängern ist die Ablehnung mit 41 Prozent hoch.

Christian Schmidt: Eher unzufrieden (37) sind die Befragten mit dem CSU-Mann im Agrarressort, 28 Prozent waren zufrieden. Ähnlich wie Dobrindt könnte Schmidt auch nur ein schlechtes Timing gehabt haben. Die Erhebung fand während des Eier-Skandals statt.

Johanna Wanka: Johanna Wer?

35 Prozent der Befragten fiel zu der CDU-Frau nichts ein. Das ist erst mal überraschend. Bildung ist ein Zukunftsthema und sollte nahe genug am Alltag der Menschen sein. Die Ressortchefin ist es offenbar nicht.

Hermann Gröhe: Der Gesundheitsminister rechnet sich selbst vieles hoch an, Krankenhausreform, Präventionsgesetz, Pflegereform, Verbesserung in der Palliativversorgung. Wenn der CDU-Mann sich nicht selbst lobt, wer denn sonst? 41 Prozent unserer Befragten waren mit Gröhe eher unzufrieden.

Ursula von der Leyen: Viel Leuchtkraft, viel Schatten. 54 Prozent der Deutschen sind mit der Arbeit der Verteidigungsministerin eher unzufrieden. Sie nehmen ihr offenbar nicht ab, dass sie die Bundeswehr modernisiert hat. Der Vorwurf, sie habe sich auf Kosten der Soldaten profiliert, verfängt offenbar.

Alexander Dobrindt: 60 Prozent sind mit seiner Arbeit eher unzufrieden, sogar 62 Prozent der Unionsanhänger. Dobrindts Kernprojekt, die Maut, war allerdings für die Bayern wichtig und erneuerte den Mythos der CSU. Die Partei hat ein Projekt gegen alle Skeptiker durchgesetzt. Die Bürger danken es Dobrindt nicht.