Hannover. Aus Sicht der rot-grünen Landesregierung ist Abschieben der schlechtere Weg.

Um Katastrophenschutz kümmerte sich Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) am Donnerstag auf seiner Sommerreise. In Sachen Abschiebungen und freiwillige Ausreisen aus Niedersachsen hielt ein Sprecher den Ball betont flach. „Dieser Trend ist bundesweit zu beobachten“, hieß es aus dem Innenministerium zu weniger freiwilligen Ausreisen.

Nach Angaben des Landesinnenministeriums wurden im ersten Halbjahr dieses Jahres 985 Personen aus Niedersachsen abgeschoben, klar weniger als im ersten Halbjahr 2016. Seinerzeit waren es 1079 gewesen. Mit 2463 freiwilligen Ausreisen gab es im Vergleich zum ersten Halbjahr 2016 ein starkes Minus. Von Januar bis einschließlich Juni 2016 hatten sich noch 6718 abgelehnte Asylbewerber überzeugen lassen, Niedersachsen freiwillig den Rücken zu kehren. Rund 1700 dieser Rückkehrer nutzten Förderprogramme, bekamen also Geld.

Für Niedersachsens Landesregierung macht die Entwicklung die Sache nicht leichter. Dass Niedersachsen auf Freiwilligkeit statt Abschiebungen setzt, dürfte zum einen daran liegen, dass eine offensive Abschiebepolitik in einer Koalition mit den Grünen politisch dauerhaft kaum möglich ist. Schon deshalb betont die Landesregierung gern, dass sich das oft unschöne Schauspiel von Abschiebungen – von juristischen Problemen ganz abgesehen – durch die freiwillige Rückkehr vermeiden lasse. „Die niedersächsische Rückkehrförderung hat sich bewährt“, hatte Innenminister Pistorius denn auch erst Ende Januar frohlockt, als er die Zahlen des Landes für 2016 vorlegte. Mit knapp 12 000 Personen habe sich die Zahl der freiwilligen Ausreisen im Vergleich zu 2015 praktisch verdoppelt, rechnete das Innenministerium seinerzeit nur zu gern vor. Niedersachsen setze weiter seinen Schwerpunkt auf freiwillige Ausreisen, betonte der Minister seinerzeit. Für 2017 hatte Pistorius ebenfalls 12 000 freiwillige Ausreisen angepeilt.

Bei den Abschiebungen sieht sich Niedersachsens angesichts der aktuellen Zahlen aufs Jahr gerechnet „praktisch auf Vorjahresniveau“. Nur 5000 freiwillige Ausreisen aber wären gegenüber 12 000 ein ziemlicher Rückschlag.

Platz zwei bundesweit

Im Ländervergleich liegt Niedersachsen bei den freiwilligen Ausreisen allerdings weiterhin auf Platz zwei“, heißt es in einer Erklärung aus dem Innenministerium in Hannover. Hundertprozentig ließen sich die Gründe nicht definieren. „Die Hochrechnungen unterliegen stets der Entscheidungsgeschwindigkeit des Bundesamtes sowie – gerade bei der freiwilligen Rückkehr – den deutlich niedrigeren Zugangszahlen (etwa aus den Westbalkanstaaten) und der Situation im Herkunftsland“, erklärte der Sprecher.

An „ausreisepflichtigen Personen“ allerdings mangelt es auch in Niedersachsen nicht. Zum Stichtag 30. 11. 2016 waren es laut Innenministerium 20 194. Davon waren allerdings 15 228 geduldet, „weil dem Vollzug der Abschiebung rechtliche oder tatsächliche Hinderungsgründe entgegenstehen“. Die CDU-Fraktion hat immer wieder gefordert, die Abschiebezahlen aus Niedersachsen deutlich zu erhöhen. Der Flüchtlingsrat dagegen warnt, dass in Niedersachsen vermehrt skandalöse Abschiebungen stattfänden.