Stuttgart. Die Regierung in Baden-Württemberg hat einen Diesel-Nachrüstplan vorgelegt. Das Gericht sieht diesen offenbar skeptisch.

Im Streit um mögliche Fahrverbote für Dieselautos in Stuttgart hat die Justiz Zweifel an Nachrüstungen älterer Fahrzeuge als Alternative angedeutet. Der zuständige Richter Wolfgang Kern erklärte am Mittwoch beim ersten Verhandlungstermin am Verwaltungsgericht, die Berechnungen des Landes Baden-Württemberg zur Frage, wie rasch welche Dieselmodelle von den Autoherstellern nachgebessert werden könnten, und wie weit sich die Schadstoffe dabei reduzieren ließen, sei „von maximalem Optimismus getragen“.

In Stuttgart werden mögliche Fahrverbote besonders kontrovers diskutiert, weil diese Maßnahme dort bereits für Phasen hoher Schadstoffbelastung geplant war. Inzwischen setzt die Landesregierung aber auf Nachrüstungen der Autokonzerne. Experten gehen davon aus, dass 50 Prozent der Diesel, die bisher nur die Abgasnorm Euro 5 erreichen, auf Euro 6 nachgerüstet werden müssten, um die Wirkung der angedachten Fahrverbote zu erreichen. Weitere Annahme: Durch Nachrüstung lasse sich der Schadstoff um 50 Prozent reduzieren.

Die Machbarkeit beruhe auf Angaben der Autoindustrie. Am Ende stehe am besonders belasteten Neckartor jedoch nur eine Reduzierung der Schadstoffe um 9 Prozent, ließ sich das Gericht vorrechnen.

Das Verwaltungsgericht war infolge einer Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen einen neuen Luftreinhalteplan aktiv geworden. Dieser soll vom 1. Januar 2018 in Stuttgart gelten. Seit mindestens sieben Jahren werden dort die EU-Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) zum Teil um das Doppelte übertroffen. Mit einer Entscheidung wird in der kommenden Woche gerechnet.

Die DUH sieht allein in Diesel-Fahrverboten ein wirksames Mittel gegen Luftverschmutzung. Aus Sicht des Landes soll man dagegen erst abwarten, ob die von der Autoindustrie angekündigten Nachrüstungen älterer Diesel eine ähnliche Wirkung für die Luftreinhaltung haben, sagten seine Vertreter bei der Verhandlung. Dies wolle man im Jahr 2018 prüfen. Reicht es nicht, kämen die Fahrverbote wieder ins Spiel.

Auch in anderen Städten wie München ist die Debatte um Dieselverbote ein Thema. In der bayerischen Landeshauptstadt hatte unter anderem Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) die Maßnahme ins Spiel gebracht. Die Landesregierung will aber auch hier zunächst auf alternative Mittel wie effektive Nachrüstungen der Autos setzen.

Einig sind sich beide Seiten in Stuttgart darin, dass die Einführung einer blauen Plakette, mit der ältere Dieselautos aus Umweltzonen ausgesperrt werden könnten, die weitaus beste Maßnahme zur Luftreinhaltung wäre. Jedoch müsste da der Bund tätig werden. dpa