Braunschweig. Der Braunschweiger Kniespezialist Professor Heller spricht über die Haltbarkeit künstlicher Gelenke und mögliche Komplikationen.

Viel Bewegung ist wichtig, wenn Patienten ein neues Kniegelenk erhalten. Doch der richtige Sport zählt, sonst geht das Kniegelenk schneller wieder kaputt. Aber auch andere Risiken bestehen – während der Operation oder danach. Mit Professor Karl-Dieter Heller, Chefarzt im Herzogin-Elisabeth-Hospital in Braunschweig, sprach Stefan Simon.

Wie lange hält ein künstliches Knie?

Wie lange ein künstliches Kniegelenk hält, hängt vom jeweiligen Material und der Belastung ab. Bei hochwertigen Materialien und dem Gelenk angepasster Belastung ist eine Zeit von circa 15 Jahren realistisch. Angepasste Belastung bedeutet, keine stop-and-go-Sportarten wie Tennis oder Fußball, da diese zu plötzlichen Belastungsspitzen führen, die die Gleitpartner langfristig schädigen. Dennoch empfehle ich meinen Patienten nach der Operation, sich viel zu bewegen, um die bestehende Muskulatur zu erhalten und so Stürzen vorzubeugen. Geeignete Sportarten sind zum Beispiel Radfahren und Wandern.

Allerdings warne ich vor überzogener Erwartungshaltung. Ein künstliches Gelenk hält den normalen Alterungsprozess nicht auf, es bedeutet nur, dass man in den meisten Fällen – bezogen auf das operierte Gelenk – schmerzfrei leben kann.

Solche Eingriffe sind auch mit Risiken verbunden wie Infektionen oder die Entstehung von Blutgerinnseln. Können diese Risiken unterbunden werden?

Ja, das ist möglich. Das Risiko für einen Infekt ist nicht sehr hoch. Es liegt bei unter einem Prozent, und unsere Operationsumgebung ist hochsteril. Wir testen jeden Patienten auf multiresistente Keime. Wird eine Keimbesiedelung festgestellt, wird der Patient nicht aufgenommen. Man muss nach Anwendung von Waschlotionen und Salben Keimfreiheit nachweisen, dann ist eine Wiederaufnahme möglich. Um ein eventuelles Infektionsrisiko noch weiter zu minimieren, erhält auch jeder andere Patient vor der Operation die Auflage, sich mit entsprechenden Waschlotionen zu reinigen.

Endoprothetische Eingriffe haben im Allgemeinen ein relativ hohes Thromboserisiko, dem wir mit speziellen Medikamenten entgegenwirken. Das A und O ist die Frühmobilisation. Da sich die moderne Endoprothetik das Ziel gesetzt hat, die Patienten schnell wieder in Bewegung zu bringen, erhalten sie keine Katheter, Drainagen oder größere Zugänge mehr, so dass ein erstes Aufstehen in bequemer Kleidung ohne besonderes Krankheitsgefühl bereits am OP-Tag möglich ist.

Können Komplikationen, auch nach zwei oder drei Jahren, auftreten?

Komplikationen können durch erhöhten Abrieb des Gelenkersatzes entstehen. Da dies abhängig von der Wahl der Gleitpartner, der Ausrichtung der Gelenkflächen zueinander und der Einbauqualität ist, sollte ein künstlicher Gelenkersatz immer in einer spezialisierten Klinik erfolgen. Zudem können Infektionsquellen, wie beispielsweise Zahnentzündungen oder bakterielle Infekte, zu einem Spätinfekt führen, da diese durch die Verbreitung im Körper auch den Gelenkersatz im Knie angreifen können.

Würden Sie Ihren Patienten vor einer Operation eine andere Behandlung empfehlen? Ärzte stehen ja gelegentlich unter dem Verdacht, schnell zum Skalpell zu greifen.

Ich operiere niemanden, bei dem es nicht absolut nötig ist. Die Voraussetzungen bei uns für eine Operation sind eine schwere Arthrose, Bewegungseinschränkungen und der hohe, seitens des Patienten geklagte Leidensdruck. Einen Patienten ohne massiven Leidensdruck muss man normalerweise nicht operieren.