Chicago. Barack Obama ist erstmals seit seinem Abschied als Präsident öffentlich aufgetreten. Am 25. Mai wird er auf dem Kirchentag erwartet.

Barack Obama hat nach seinem Abschied aus dem Weißen Haus erst einmal Urlaub gemacht, in der Karibik und in der Südsee – er war lange weg. „Was ist passiert, als ich weg war?“, fragt er entspannt, als er am Montag in seiner Heimatstadt Chicago mit Studenten diskutiert. Und hat sofort die Lacher auf seiner Seite.

Vieles ist passiert, seitdem Donald Trump US-Präsident ist – Syrien-Krise, Nordkorea-Konflikt, der gescheiterte Versuch, die Gesundheitsreform Obamacare abzuschaffen. Zu aktuellen politischen Fragen aber äußert sich Obama nicht – den Namen Trump erwähnt er kein einziges Mal.

Jubel ertönt, als er die Bühne in einem Saal der Universität betritt, mehrere US-Sender übertragen live. Obama scheint sich gut erholt zu haben, kommt leger. Er trägt einen schwarzen Anzug, weißes Hemd, keine Krawatte. Und der frühere US-Präsident hat eine Botschaft mitgebracht: Es ist wichtig und es lohnt sich, Verantwortung zu übernehmen. Und: „Macht euch weniger Gedanken darüber, was ihr sein wollt, als darüber, was ihr erreichen wollt.“ Die wichtigste Sache, die er tun könne, sei, die nächste Generation von politischen Führungskräften zu fördern, sagt Obama.

Er spricht über seine Zeit als junger Mann in Chicago, als er bei einer gemeinnützigen Organisation arbeitete. Er geht auf den digitalen Wandel ein, auf die Rolle von Smartphones, macht Witzchen über Selfies. Mit ihm diskutieren sechs Studenten über bürgerliches Engagement. Als einer von ihnen meint, er sei in der 8. Klasse gewesen, als Obama 2008 zum Präsidenten gewählt wurde, sagt der 55-Jährige: „Kann ich das kurz sagen – ich bin alt.“

Obama schlägt aber auch ernsthafte Töne an. Er glaube immer noch, dass es auf der persönlichen Ebene mehr gebe, was Amerikaner vereine – aber das sei nicht der Fall, wenn es um Politik und das öffentliche Leben gehe. Der frühere Präsident weist auf Veränderungen bei den Medien hin, die Rolle des Geldes in der Politik und Sonderinteressen. Obama spricht von großen Herausforderungen wie dem Klimawandel, Ungleichheiten bei Einkommen. Und: Immer weniger junge Leute gingen zur Wahl – dieses Problem könne nur die junge Generation lösen.

Und bald wird er über diese Themen auch wieder in Deutschland sprechen: Am 25. Mai, also an Christi Himmelfahrt, wird Obama als Gast des Evangelischen Kirchentages in Berlin erwartet. Geplant ist ein Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Thema „Engagiert Demokratie gestalten – Zu Hause und in der Welt Verantwortung übernehmen“ auf einer Bühne vor dem Brandenburger Tor.

Der Auftritt Obamas findet allerdings keine ungeteilte Zustimmung. Der frühere Bundestagspräsident und Katholik Wolfgang Thierse kritisierte, er verstehe diese Einladung „nicht wirklich“ und hätte sie nicht für notwendig gehalten. „Man muss den Kirchentag nicht aufwerten wollen dadurch, dass man einen der prominentesten Menschen der Welt einlädt und daraus dann noch eine Wahlkampfveranstaltung für Angela Merkel macht“, monierte der SPD-Politiker.

Thierse sprach von einer „reinen Showveranstaltung“. Der Kirchentag habe indes „schon Publicity genug“. Die Veranstalter hatten wiederholt den geplanten Auftritt Obamas mit Bundeskanzlerin Merkel gegen Kritik verteidigt, damit werde Wahlkampfhilfe für die CDU-Vorsitzende geleistet. „Es geht nicht um parteipolitische Etikettierungen“, sagte Kirchentagspräsidentin Christina Aus der Au.

Beabsichtigt sei eine Debatte „mit meinungsbildenden Persönlichkeiten“ über die Verantwortung von Christen für die Welt. Im Anschluss an seinen Auftritt beim Kirchentag in Berlin wird Obama nach Baden-Baden reisen, um dort den 25. Deutschen Medienpreis in Empfang zu nehmen. Die Jury aus Chefredakteuren und Medienverantwortlichen würdige Obama als „den herausragenden, weltweit anerkannten Repräsentanten der internationalen Politik des vergangenen Jahrzehnts.“