Jerusalem. Der Außenminister besucht Israel. Eine Studie belegt Antisemitismus in Deutschland.

Sigmar Gabriel war schon oft in Israel. Als Privatmann, SPD-Vorsitzender und Wirtschaftsminister. Doch der Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem als Außenminister am nationalen Holocaust-Gedenktag in Israel ist sicher der schwierigste.

Gabriel bekennt sich zur deutschen Verantwortung für den Holocaust: „Sie ist uns Heutigen Mahnung und Verpflichtung – einzutreten gegen Antisemitismus und für die Menschenwürde, für Toleranz und die Verständigung zwischen den Völkern“. Erinnern und Gedenken bleibt wichtig. Denn Antisemitismus, also Judenfeindlichkeit, ist in Deutschland nach wie vor ein Thema. Allein 2016 wurden 644 antisemitische Straftaten erfasst, die Dunkelziffer liegt voraussichtlich deutlich darüber.

Das geht aus dem am Montag veröffentlichten Antisemitismus-Bericht des Bundestages hervor. Das Ergebnis: Zwar gehe der „klassische Antisemitismus“, der Juden zu viel Einfluss unterstelle, zurück. 2016 hätten sich nur noch rund fünf Prozent der Bevölkerung in Umfragen dazu bekannt. Allerdings verträten rund 40 Prozent der Deutschen einen israelbezogenen Antisemitismus, der die politischen Entscheidungen des Staates Israel per se als jüdisches Handeln kritisiere. „In der Öffentlichkeit steht die Gruppe der Muslime als vermeintliche Hauptverursacher des Antisemitismus im Fokus. Mit der Flüchtlingswelle haben solche Zuschreibungen noch zugenommen“, sagt Historikerin Juliane Wetzel. Das Ausmaß antisemitischer Einstellungen unter muslimisch sozialisierten Jugendlichen sei zwar höher als unter nichtmuslimischen. Ältere Muslime und Nichtmuslime unterschieden sich hingegen kaum.

Den Forschern ist eines wichtig: Körperliche Angriffe und antisemitische Straftaten gehen in Deutschland nach wie vor zu 90 Prozent auf das Konto rechtsextremistischer Gruppen. Die Kommission fordert daher die Berufung eines Antisemitismusbeauftragten, eine bundesweite Datenbank für antisemitische Straftaten, sowie eine ständige Bund-Länder-Kommission.