Braunschweig. Niedersachsens Jäger stören sich an neuen Vorgaben zu Munition und Schießnachweis.

Unsere Leserin Bettina Marheineke schreibt auf unserer Facebookseite:

Bleifreie Munition ist Blödsinn, die zerreißt das Wildbret regelrecht...

Die Antwort recherchierte Carolin Wicke

An drei zentralen Punkten soll das niedersächsische Jagdrecht geändert werden. Es geht um das Verbot bleihaltiger Munition, um die Einführung eines Schießnachweises und die Erlaubnis von Schalldämpfern.

Zunächst zum Blei: Aus Gründen des Verbraucher- und Umweltschutzes soll die Munition künftig kein Blei mehr enthalten dürfen. „Aufgrund seiner Giftigkeit sollte Blei weder in den menschlichen noch in den tierischen Nahrungskreislauf gelangen“, sagt Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer von den Grünen. In der Tat beschränkt sich die Gesundheitsgefährdung laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) auf Schwangere und Kinder. Das Blei, glauben die Experten, könne Schäden in der Entwicklung verursachen. Auch wer extrem viel Wildfleisch isst, etwa als Mitglied einer Jägerfamilie, könne eine problematische Portion Schwermetall zu sich nehmen. Nach Ansicht des Ministeriums geht es zudem darum, Bleivergiftungen von Greifvögeln zu reduzieren. Die Umstellung auf alternative Munition soll dem Arten- und Naturschutz dienen, die Jagd „ökologischer“ zu machen.

Wie unsere Leserin erachtet auch die Landesjägerschaft die alternativen Möglichkeiten als nicht ausreichend, um bleihaltige Munition zu ersetzen. Das hat jedoch andere Gründe als die Verletzung des Fleisches.

„Der Schaden am Wildbret hängt nicht bloß vom Material, sondern auch von Kaliber und Schwere der Munition ab. Nicht alle Alternativen haben die gleiche Wirkung“, erklärt Florian Rölfing von der Landesjägerschaft, der fast 90 Prozent der 60 000 Jagdscheininhaber Niedersachsens angehören. Viel relevanter sei, dass die Alternativmunition genauso „tierschutzgerecht“ töten können müsse. „Bislang hat sie nicht die gleiche Tötungswirkung, sodass das Tier einen längeren Fluchtweg hat.“ Hinzu komme ein gefährlicheres Abprallverhalten. Dem widerspricht das Ministerium mit Verweis auf Forschungsergebnisse des BfR. Die Tötungswirkung hänge nicht vom verwendeten Material ab, sondern nur von der Geschosskonstruktion, dem Kaliber, der Geschwindigkeit und der Entfernung. Es gebe keinen Grund, an bleihaltiger Munition festzuhalten. Das bestätigt auch Johann Beuke vom gut hundert Mitglieder zählenden Ökologischen Jagdverein Niedersachsen und Bremen (ÖJV): „Eine geringere Tötungswirkung hat bleifreie Munition nur dann, wenn der Schütze nicht schießen kann.“

Doch die Blei-Frage ist nicht der einzige Aufreger in diesem Zusammenhang. Mit dem Schießnachweis strebt das mehr Sicherheit bei der Jagd an. Dazu sollen Jäger den sicheren Umgang mit der Waffe einmal jährlich trainieren und nachweisen. Bei den Jagdverbänden ruft die Regelung unterschiedliche Reaktionen hervor. „Für den Schießnachweis besteht unserer Ansicht nach keine Notwendigkeit“, sagt Rölfing. Eine erneute Schießprüfung, wie sie die Landesjägerschaft ablehnt, ist laut Miriam Staudte (Grüne), Mitglied im zuständigen Ausschuss des Landtags, nicht vorgesehen. Genau dies kritisiert ÖJV-Funktionär Beuke: „Generell ist ein verbindlicher Schießnachweis sehr positiv. Es ist aber nicht genug, dass man nachweist, am Schießstand gewesen zu sein. Man muss auch treffen.“

Die Zulassung von Schalldämpfern trifft hingegen sowohl beim ÖJV als auch bei der Landesjägerschaft auf Zustimmung. Gehörschäden sollen so vermieden und Arbeitsschutzrichtlinien eingehalten werden. Gefahren für andere Waldbesucher seien nicht zu befürchten, da der Mündungsknall noch immer deutlich zu hören sei. Rölfing zufolge wurden Schalldämpfer einst verboten, um Wilderei zu verhindern. Es gebe zwar durchaus noch Wilderer, wie die Jäger wissen. Als Problem wiege sie aber weniger schwer als der gesundheitliche Aspekt.

Die Entscheidung im Landtag soll im September fallen. Im Ausschuss zeichnete sich eine knappe Mehrheit aus Grünen und SPD ab. CDU und FDP lehnen speziell das Bleiverbot ab.