London. Nach dem Anschlag von London gibt es erste Verhaftungen. Der Täter, der 52-jährige Khalid Masood, wurde in Großbritannien geboren.

Noch in der Nacht schlug die Polizei zu. Razzia in der Hagley Road im Stadtteil Edgebaston von Birmingham, die Ermittler drangen in eine Wohnung im zweiten Stock über einem persischen Restaurant ein. Die zweitgrößte Stadt Englands ist die Hochburg der Islamisten im Königreich. „Dort hat der Mann von London gelebt“, sagte ein Augenzeuge.

Der Mann von London – damit ist der Attentäter gemeint, der am Mittwoch drei Menschen tötete und 40 verletzte, sieben davon schwer, darunter eine Deutsche. Dazu brauchte er nicht viel - nur ein Auto und ein Messer. Zuerst hatte er mit einem Hyundai Passanten auf der Westminster Bridge niedergemäht, eine Frau und ein Mann starben. Dann drang er in den Parlamentskomplex ein und erstach einen Wachpolizisten, bevor er selber erschossen wurde.

Drei Männer soll die Polizei bei ihrer Razzia verhaftet haben. Und: Es gab fünf weitere Razzien in Birmingham und London. Insgesamt seien, gibt die Polizei am Donnerstag bekannt, acht Personen „von unterschiedlicher Nationalität“ festgenommen worden.

Täter war dem Geheimdienst schon vor Jahren aufgefallen

Die Sicherheitsbehörden hielten den Namen des Attentäters zunächst zurück. Am Nachmittag teilte Scotland Yard mit, dass er 52 Jahre alt gewesen sei. Sein Name war Khalid Masood, er stammt aus den Midlands. Er war der Polizei bekannt – wegen Gewaltdelikten und unerlaubtem Waffenbesitz. „Seine erste Verurteilung war 1983 wegen Sachbeschädigung, die letzte 2013 wegen unerlaubten Besitzes eines Messers“, heißt es in der Polizei-Mitteilung. Khalid Masood hatte mehrere Aliasnamen benutzt.

Zuvor hatte Mark Rowley, der Chef der Terror-Abwehr von Scotland Yard, erklärt, seine Behörde sei überzeugt, „dass dieser Angreifer allein agiert hat und durch internationalen Terrorismus inspiriert wurde“. Aber auch Einzeltäter, wissen die Sicherheitskräfte, haben ein Umfeld. Komplizen, Mitwisser, vielleicht Helfer. Die müssen jetzt ausfindig gemacht werden.

Zuvor hatte die Premierministerin Theresa May im Unterhaus etwas mehr zum Täter gesagt. „Ich kann bestätigen“, sagte sie, „dass dieser Mann in Großbritannien geboren wurde.“ Er war dem Inlandsgeheimdienst MI5 vor ein paar Jahren aufgefallen, wurde verhört. „Er war eine Randfigur“, sagte May. „Unsere Arbeitshypothese ist, dass der Angreifer durch islamistische Ideologie inspiriert wurde.“ Ein paar Stunden später reklamierte die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) die Tat für sich. Der Anschlag sei von einem ihrer „Soldaten“ ausgeführt worden, hieß es in einer knappen Mitteilung.

Die Spur, die die Sicherheitskräfte nach Birmingham geführt hatte, war der graue Hyundai i40. Das Auto, das zur Tatwaffe umfunktioniert wurde. Er war ein Mietwagen, den die Firma Enterprise in Birmingham als eines ihrer Autos erkannte. Dass die Spur hierhin führt, hat die britischen Sicherheitskräfte sicher nicht überrascht. In Birmingham wohnen viele britische Muslime, in einigen Stadtteilen stellen sie die Mehrheit. Mehrere verurteilte Terroristen kommen aus dieser Stadt, zur Zeit läuft mal wieder ein Prozess. Vor drei Jahren kam es zu einem nationalen Aufschrei, als bekanntwurde, dass Islamisten versucht hatten, Schulen in Birmingham zu unterwandern: Moderate Schulleiter würden durch muslimische Elternvertreter hinausgedrängt, um den Lehrplan fundamental-islamisch auszurichten. Bei mindestens 13 Schulen hatte das funktioniert. Und: Die Terroristen, die für das Massaker von Paris im November 2015 verantwortlich sind, hatten Kontakt zu radikalen Moscheen in Birmingham.

Die Ermittler hatten Birmingham also auf dem Schirm. Dass sie den Attentäter aus dem Blick verloren, ist peinlich, andererseits verständlich. Es gibt einfach zu viele Verdächtige, die man überwachen müsste. Von den Hunderten britischen Muslimen, die aus dem Krieg in Syrien zurückgekehrt sind, sind nicht alle Gefährder. Der Inlandsgeheimdienst MI5 konzentriert sich auf die Islamisten mit den am weitesten fortgeschrittenen Anschlagsplänen. Seit 2013 hat man 13 islamistische Attentate durch Observation und Zugriff verhindern können.

Andere Gefährder fallen durchs Netz, wie jetzt Khalid Masood. Das ist verständlicher, weil er „low tech“ vorging – also sich nicht Feuerwaffen besorgte, sondern mit den denkbar einfachsten Waffen die Sicherheitsvorkehrungen des bestbewachten Areals im Königreich unterlaufen konnte.