Braunschweig. Die Polizei schützt den Außenabschnitt beim Schoduvel besonders. Der Terror von Berlin und Nizza hat sensibilisiert.
Um 12.30 Uhr gibt die Einsatzleitung der Braunschweiger Polizei die Strecke frei. Der Umzug kann losrollen. „Wir sind im Zeitplan“, sagt der Sprecher der Polizeiinspektion, Wolfgang Klages. Für Klages ist der 39. Schoduvel der letzte, den er dienstlich begleiten darf. Heute an seiner Seite ist sein Gifhorner Kollege Christian Nowak. Für ihn ist heute in Braunschweig Premiere.
10:30 Uhr, Münzstraße
Klages und Nowak fahren im silbernen Bully um die Strecke. Die Absperrgitter sind aufgebaut. Polizei und Technisches Hilfswerk haben hier innerhalb von wenigen Stunden ganze Arbeit geleistet. Die ersten wurden um 9.30 Uhr verbaut. In diesem Jahr musste die Einsatzleitung das Sicherheitskonzept noch einmal erweitern. Die Terroranschläge von Nizza im Juli 2016 und der Anschlag am Berliner Breitscheidplatz im Dezember hatten das nötig gemacht. In beiden Fällen hatten islamistische Attentäter Lastwagen gekapert und diese als Waffen eingesetzt, in Nizza starben mehr als 80 Menschen, in Berlin 12. „Wir haben auf die weiterhin abstrakt-hohe Terrorgefahr reagiert und erstmals einen Abschnitt Außenschutz eingerichtet“, sagt Jörn Paulsen. Der Leiter des Polizeikommissariats Braunschweig-Süd verantwortet diesen besonderen Einsatz. Man wisse, dass man gewisse Szenarien nicht verhindern könne, so Paulsen. Dennoch gelte es, den Menschen den bestmöglichen Schutz zu bieten, damit sie diesen Umzug genießen können.
Acht neuralgische Punkte hat die Polizei im Vorfeld ausgemacht, an denen eine besondere Gefährdungslage besteht. Mit quergestellten Polizei-LKW, Containern mit tonnenweise Bauschutt und Polizisten mit Maschinenpistolen werden unter anderem der Europaplatz oder die Sonnenstraße gesichert. An Hagenmarkt und Radeklint sollen zusätzlich abgestellte Straßenbahnen ein Durchbrechen eines schweren Fahrzeuges mit hoher Geschwindigkeit verhindern.
Rund 160 Beamte sind an diesem Tag für die Außensicherung der Strecke eingeteilt. Insgesamt habe man die Zahl der Beamten im Vergleich zum Vorjahr auf 650 etwas zurückgefahren. „Wir wollten den Eindruck verhindern, dass Braunschweig eine Festung sei. So ein Bild kann den Menschen auch den Spaß am Karneval nehmen“, sagt Klages.
11:30 Uhr, Schlossplatz
Stefan und Matze, die „Panzerknacker“ aus Abbensen bei Peine, sind wieder in Braunschweig unterwegs. Im vergangenen Jahr haben sie eine Karnevals-Auszeit genommen. „Wir waren bei der Absage 2015 schon in Braunschweig, im Lindiiii“, als der Umzug wegen des Terror-Verdachts abgesagt wurde. Heute haben wir uns hierher getraut und hoffen, dass nichts passiert“, erzählt Stefan. Kumpel Matze klettert unterdessen in die Baggerschaufel eines Sonderfahrzeugs, das die Polizei vor dem Braunschweiger Schloss abgestellt hat. Die Bereitschaftspolizisten, die im Fahrzeug sitzen, nehmen es mit Humor. „Wir nutzen den Schlossvorplatz auch, um im Notfall weitere Einsatzkräfte hier zusammenzuziehen“, sagt Klages. Auch Stefan steigt jetzt in die Schaufel. Das muss im Bild festgehalten werden.
13:00 Uhr, Hagenmarkt
Die beiden Beamten mit den Maschinenpistolen wirken martialisch. Sie haben sich zwischen Tram, Polizei-LKW und anderen Einsatzfahrzeugen positioniert. Der Sichtschutz wirkt, die Karnevalisten sind abgeschirmt. In der Ferne kündigen sich die ersten Wagen an. Kamelle, oder wie man in der Löwenstadt sagt, Bolchen, prasseln auf das Straßenpflaster. Die Menschen sind ausgelassen, es ist trocken geblieben, dafür fließt das Bier in Strömen. Eine „Hexe“ schreit „Brunswiek Helau“, ein Pinguin watschelt hinterher. Am Brunnen des Hagenmarkt spielt das TU-Blasorchester Akablas „Girls, Girls, Girls.“
An diesem Abschnitt der Strecke hat sich eine der insgesamt sechs Sanitätsstationen des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) positioniert. In einem Zelt können die versorgt werden, die sich zur Mittagszeit schon überschätzt haben. Der ASB Braunschweig koordiniert zusammen mit dem Deutschen Roten Kreuz die Rettungseinsätze. ASB-Pressesprecher Stefan Bergmann beziffert die eingesetzten Helfer, die auch aus Peine oder Goslar kommen, auf rund 120. Zudem sind 10 Notfallseelsorger vor Ort, die sich unter anderem um Kinder kümmern, die ihre Eltern aus den Augen verloren haben. „Im vergangenen Jahr hatten wir rund 100 medizinische Vorfälle. Darunter war aber auch das Anlegen eines Verbandes oder eines Pflasters“, so Bergmann.
ASB-Fußstreifen sind an der Strecke unterwegs. Sie entdecken die Kandidaten, die möglicherweise wenig später dehydriert vom Alkohol auf der Liege im Zelt versorgt werden müssen. Steigt in den letzten Jahren die Aggressivität gegenüber den Rettungskräften? „Es wird schlimmer“, sagt Bergmann. Dabei leisteten die zumeist Ehrenamtlichen großartige Arbeit. „In den Situationen, in denen die Stimmung kippt, empfinden die Menschen unsere Hilfe als Bevormundung. Hauptgrund ist hier der Alkohol“, erklärt Bergmann. Am Abend eine erste vorläufige Bilanz: Bis 16 Uhr mussten laut ASB 16 Personen versorgt werden.
15 Uhr, Bohlweg
Auch der Fachbereich Prävention der Polizei ist im Karneval im Dienst. Zusammen mit dem Mitarbeiter des Jugendamtes, Thomas Seliger, laufen die Polizeibeamten Ines Fricke und Jens Weidemann den Bohlweg hoch. Sie sprechen Jugendliche gezielt an, wenn sie glauben, dass gegen geltendes Recht verstoßen wird. „Jugendliche dürfen ab 16 Jahren Bier, Wein und Sekt trinken. Wenn der Alkohol hochprozentiger ist, müssen wir eingreifen. Wer zu betrunken ist, da müssen wir auch die Eltern informieren“, sagt Fricke. Die beiden jungen Burschen, die pubertätsverpickelt auf den Straßenbahnschienen stehen, sind ihnen sofort aufgefallen. Sie sehen jung aus, sind laut Personalausweis keine 17 Jahre und haben diverse Sorten Kräuterschnaps im Rucksack. Weidemann fordert sie auf, zu pusten. „0,19 und 0,16. Das Bier könnt ihr behalten, Schnaps und Wodka-Mischgetränke werden entsorgt. Die Alternative ist, wir rufen eure Eltern an“, sagt Weidemann. Die Sache ist geregelt.
Bis zum Abend haben die Beamten fast 50 Personen kontrolliert, in drei Fällen mussten Ermahnungen ausgesprochen werden. „Die meisten verstehen das. Wir wollen hier Vorsorge leisten und sensibilisieren – und weniger bestrafen“, sagt Fricke.
Auch die Polizeiinspektion Braunschweig sieht bis zum Abend keine besonderen Vorkommnisse, die nicht auch bei anderen Veranstaltungen dieser Größenordnung passiert wären: Einige Schlägereien, Widerstand gegen Polizeibeamte, Taschendiebstahl. Helau.
Schoduvel 2017 - Gruppen junger Besucher
Schoduvel 2017 - ausgefallene Kostüme
Schoduvel 2017 - Familien und Pärchen
Schoduvel 2017 - Impressionen vom Altstadtmarkt 1
Der Schoduvel 2017 am Altstadtmarkt - Teil 1
Der Schoduvel 2017 am Altstadtmarkt - Teil 2
Der Schoduvel 2017 am Altstadtmarkt - Teil 3
Schoduvel 2017 - Impressionen vom Altstadtmarkt 2
Schoduvel 2017 - Impressionen vom Altstadtmarkt 3
Zugparty nach dem Schoduvel 2017 in der Stadthalle
Schoduvel 2017 - Zugparty in der Stadthalle, Teil 2
Karnevalsparty im Gewandhaus
Schoduvel 2017 - Karnevalsparty im Dax