Brüssel. Die EU-Staaten können die Ausreise unerwünschter Migranten oft kaum durchsetzen.

Von rund 305 000 Ausreiseentscheidungen wurden mehr als 40 Prozent im vergangenen Jahr nicht umgesetzt, wie aus einem am Mittwoch in Brüssel veröffentlichten Bericht der EU-Grenzschutzagentur Frontex hervorgeht.

Insgesamt rund 176 000 Mal wurden Menschen in ihre Herkunftsländer oder andere Staaten außerhalb Europas zurückgebracht. Das entspricht einer Quote von knapp 58 Prozent. Die tatsächliche Quote dürfte noch niedriger liegen, da vier EU-Staaten im vergangenen Jahr zeitweise jede Entscheidung für eine Ausreise so zählten, als ob die betreffende Person das Land auch tatsächlich verlassen hätte.

180 000 Menschen machten sich 2016 auf den Weg nach Italien

Frontex führt die niedrigen Zahlen auf mehrere Probleme zurück. So fehlen oft die nötigen Papiere, die Herkunftsländer wollen ihre Bürger nicht zurücknehmen oder abgelehnte Asylbewerber und andere Migranten tauchen in Europa unter. Daraus resultieren auch lange Verfahrenslaufzeiten.

Die meisten Migranten erreichen Europa den Grenzschützern zufolge inzwischen über das zentrale Mittelmeer. 180 000 Menschen machten sich 2016 meist aus Libyen auf den Weg nach Italien. „Wir müssen uns auf die gleiche Zahl einstellen“, sagte Frontex-Chef Fabrice Leggeri mit Blick auf das laufende Jahr.

In Libyen operierende kriminelle Schleuserbanden setzen darauf, dass Migranten in internationalen Gewässern eingesammelt und dann nach Europa gebracht werden, sagte Leggeri. Sie spekulieren also auf Rettung aus Europa. Die kleinen Boote würden immer stärker überfüllt. Die Ausrüstung reiche gar nicht für die lange Fahrt nach Italien.

Die EU hofft darauf, dass künftig lokale Kräfte die Migranten schon in libyschen Gewässern abfangen und trainiert deshalb libysche Küstenwächter. Neben der europäischen Militärmission Sophia ist auch Frontex an der Ausbildung beteiligt.

Das Programm kommt allerdings nur schleppend voran: Bisher sind gerade einmal 89 Personen ausgebildet. Zur Frage, wann die vor Monaten genannte Zielmarke von 1000 ausgebildeten Küstenschützern erreicht sein könnte, wollte Leggeri sich nicht äußern. „Wir müssen geduldig sein“, sagte er. Das Training sei als mittel- und langfristige Investition zu sehen.

Leggeri teilte auch mit, dass Frontex seinen Sitz auch künftig in der polnischen Hauptstadt Warschau haben werde. Verhandlungen mit der polnischen Regierung über den Sitz der Behörde seien abgeschlossen. Eine entsprechende Vereinbarung solle bald unterzeichnet werden. dpa