Berlin. Trotz der Rücknahmeabkommen mit Tunesien, Marokko und Algerien gibt es noch viele Hürden.

Schnellere Rückführungen abgelehnter Asylbewerber in die Maghreb-Staaten sind das erklärte Ziel von Bund und Ländern. Trotz bestehender Rücknahmeabkommen mit Tunesien, Marokko und Algerien gibt es jedoch viele Hürden, die beim Gespräch von Kanzlerin Angela Merkel mit dem tunesischen Ministerpräsidenten Youssef Chahed am Dienstag in Berlin zur Sprache kamen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie viele Menschen kamen aus den Maghreb-Staaten und wie hoch ist die Schutzquote?

Aus Marokko stellten nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) im vergangenen Jahr 4156 Menschen einen Asylantrag. Bearbeitet wurden rund 4800 Anträge, einige davon aus dem Vorjahr. Die Schutzquote betrug 3,6 Prozent; im Januar dieses Jahres lag sie bei 3,8 Prozent.

Aus Algerien wurden 3761 Anträge im vergangenen Jahr eingereicht, knapp 5300 Entscheidungen gefällt. Schutzquote: 2,7 Prozent (Januar 2017: 3,2 Prozent).

Von Asylbewerbern aus Tunesien wurden 2016 974 Anträge eingereicht, 1566 Entscheidungen traf das Bamf. Die Schutzquote lag bei 0,8 Prozent, im Januar dieses Jahres bei 3,8 Prozent.

Wie viele Personen aus den drei Staaten kehrten zurück?

Von den 25 375 abgeschobenen Migranten im vergangenen Jahr hatten 286 Personen die algerische, 228 die marokkanische und 146 die tunesische Staatsangehörigkeit. Eine geförderte freiwillige Rückkehr über verschiedene Programme, zu denen im vergangenen Jahr 54 000 Anträge anerkannt wurden, bekamen im vergangenen Jahr 125 Algerier, 113 Marokkaner und 32 Tunesier gebilligt. Nicht erfasst ist hier, wie viele Personen tatsächlich zurückkehrten. Auch gibt es keinen Überblick über Personen, die ohne staatliche Förderung zurückgehen.

Wie viele Menschen sind ausreisepflichtig?

Aus Algerien waren Ende vergangenen Jahres 3784 Menschen ausreisepflichtig. 2854 besaßen eine Duldung, wodurch die Abschiebung für einen begrenzten Zeitraum ausgesetzt ist. Aus Marokko gab es 3736 Ausreisepflichtige, 2439 waren im Besitz einer Duldung. Zudem waren 1515 Tunesier ausreisepflichtig, 1047 von ihnen wurden geduldet.

Welche Probleme gibt es bei Rückführungen nach Nordafrika?

Mit allen drei Staaten existieren Rücknahmeabkommen, doch weisen diese eine Reihe von Problemen auf. Als schwierig gilt, dass mit Marokko und Algerien nur Abschiebungen per Linienflug vorgesehen sind. Vier Personen können pro Flug zurückgebracht werden. Tatsächlich säßen etwa nach Marokko aber höchstens zwei Personen in jedem Flieger, beklagt NRW-Innenminister Ralf Jäger. „Und wenn einer randaliert, nimmt der Pilot ihn gar nicht mit.“ Lediglich Tunesien billigt Chartermaschinen, aber nur mit maximal 25 Personen. Zudem hapert es immer wieder an der Beschaffung von Pass-Ersatzpapieren.

Da diese beim Berlin-Attentäter Anis Amri zunächst nicht vorlagen, konnte er nicht in Abschiebehaft genommen und zurückgebracht werden. Jäger und andere fordern, der Bund müsse die Rückführungsabkommen nachbessern. Abschiebungen scheitern zudem daran, dass Personen untertauchen, falsche Pässe vorlegen, Familien getrennt untergebracht und daher schwer auffindbar sind. Manchmal liegt ein Duldungsgrund vor – eine Krankheit, Unklarheit über die Identität oder Nationalität. Auch bei Strafverfahren wird seitens der Staatsanwaltschaft oft nicht die Erlaubnis zur Abschiebung erteilt.

Was sind sichere Herkunftsstaaten?

Als sichere Herkunftsstaaten definiert das Gesetz Länder, bei denen sich aufgrund des demokratischen Systems und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell keine staatliche Verfolgung zu befürchten ist. Allerdings durchlaufen Menschen aus diesen Staaten dennoch ein normales Asylverfahren. Ein Schutz ist nicht ausgeschlossen, wenn die Antragsteller in der Anhörung nachweisen können, dass ihnen dennoch Verfolgung droht. Deutschland wertet derzeit die Mitgliedsstaaten der EU sowie Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, den Senegal und Serbien als sichere Herkunftsländer. Schon im Mai vergangenen Jahres hat der Bundestag dafür votiert, auch die Maghreb-Staaten entsprechend einzustufen. Zu einer Abstimmung im Bundesrat kam es aber bislang nicht, da die Grünen ihre Zustimmung versagen und sich damit keine Mehrheit abzeichnet. Mit der Einstufung als sichere Herkunftsstaaten lassen sich Verfahren für Menschen von dort verkürzen und abgelehnte Asylbewerber schneller ausweisen. Die Maßnahme soll vor allem aber dazu dienen, Menschen von der Einreise nach Deutschland abzuhalten.rtr

Einen Kommentar zum Thema finden Sie hier: Merkels Südflanke