Berlin. In Deutschland gibt es strenge Regeln – aber auch Grauzonen, Schlupflöcher und gelegentlich Verstöße gegen Gesetze.

Auch Demokratie funktioniert nur mit Geld. Parteien brauchen Mittel für Büros, Wahlkämpfe, Mitarbeiter. Doch weil Abgeordnete keine Unternehmer, sondern Volksvertreter sind, sie durch Steuergeld und Mitgliedsbeiträge finanziert werden, sind die Auflagen strikt. In Rechenschaftsberichten müssen Parteien jedes Jahr Auskunft geben über Einnahmen und Ausgaben.

Die Angaben sind für jeden Bürger in einer Drucksache des Bundestages einsehbar. Doch immer wieder kommt es zu Skandalen oder undurchsichtigen Schlupflöchern: über Helmut Kohls Spendenaffäre oder Jürgen Rüttgers Einnahmen für Gesprächstermine mit der CDU-Spitze bis hin zu den jetzt bekanntgewordenen gesponserten Treffen mit SPD-Politikern wie Justizminister Heiko Maas oder Fraktionschef Thomas Oppermann. Auch Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies hat der SPD durch Gespräche mit Lobbyisten Geldeinnahmen verschafft. Laut der um Transparenz bemühten Nichtregierungsorganisation Lobbycontrol sind diese Sponsorzahlungen „gang und gäbe“. Die Organisation fordert, dieses Schlupfloch im Parteiengesetz zu stopfen.

Parteifinanzen

Spenden

CSU und die FDP werben am meisten Spenden ein. Jeder fünfte Euro kommt von spendablen Personen oder Firmen. Während es bei der FDP vor allem Unternehmen sind, hat die CSU viele ihrer Landtags- und Bundestagsabgeordneten auf der Liste der Großspender, die jeweils mehr als 10 000 Euro geben. Mit Abstand die größte Zuwendung kam aber von der bayerischen Metall- und Elektroindustrie mit 333 000 Euro. Bei der CDU kamen die größten Einzelspenden vom Oetker-Konzern (107 000 Euro) und vom Autobauer Daimler (100 000 Euro), der dieselbe Summe auch an die SPD spendete. Die Linken müssen komplett auf Spenden aus der Wirtschaft verzichten. Die Großspender (rund 25 000 Euro) sind hier fast ausschließlich Bundestagsabgeordnete der eigenen Partei. Die größte Spende der Grünen kam 2014 von der Metall-und Elektroindustrie in Baden-Württemberg (100 000 Euro).

Mitgliedsbeiträge

Die Beiträge der Mitglieder sind eine wichtige Einnahmequelle für alle Parteien. Bei der CDU liegen die Beiträge zwischen 15 und 50 Euro, bei der SPD bei mindestens fünf Euro. Auch bei der Linkspartei sind die Monatsbeiträge gestaffelt nach dem Einkommen des Mitglieds – von 1,50 Euro bis 85 Euro. Die FDP nennt den Aufnahmeantrag eine „persönliche Unabhängigkeitserklärung“. Doch vor allem die Volksparteien CDU und SPD haben seit 1990 viele Mitglieder verloren – die Sozialdemokraten sogar mehr als die Hälfte. Und damit sinken auch die Einnahmen.

In ihrem jüngsten Bericht gibt die SPD an, dass sie noch immer fast 50 Millionen Euro damit verdient – so viel wie keine andere Partei. Bei der CDU liegen die Einnahmen durch Mitglieder bei gut 38 Millionen, bei Linken, Grünen und CSU bei rund zehn Millionen. Das Geld der Anhänger ist für alle Parteien eine Säule der Finanzierung, auch wenn Einnahmen aus staatlichen Mitteln meist größer sind. Bei den Grünen machen Mitgliedsbeiträge 22 Prozent des Etats aus, bei der Linken immerhin 34 Prozent.

Wahlkampfkostenerstattung

Für jede Stimme, die Parteien bei einer Wahl bekommen, gibt es Geld. Nach einer Aufstockung im Dezember 2015 erhalten CSU bis Linkspartei jeweils pro Stimme 83 Cent staatlichen Zuschuss. Für die ersten vier Millionen Stimmen gibt es sogar einen Euro. Allerdings fließt das Geld nur, wenn eine Partei eine bestimmte Hürde übersprungen hat, mindestens 0,5 Prozent bei der Bundestags- oder Europawahl oder ein Prozent bei einer Landtagswahl erhielt. Zudem gibt es auch 45 Cent für jeden Euro, den die Partei aus Mitgliedsbeiträgen, Mandatsträgerbeiträgen und Spenden einnimmt. Diese 45 Cent sind weitere Einnahmen, die Parteien vom Staat bekommen. Grünen und Linke hatten gegen diese Erhöhung der staatlichen Förderung gestimmt. Immer wieder sorgt die Finanzierung von Parteien für Streit im Bundestag. Grüne und Linke fordern seit Jahren mehr Transparenz bei Sponsoring wie zum Beispiel die Preise für Firmenstände auf Parteitagen.

Beiträge von Mandatsträgern

Eine wichtige Einnahmequelle für Parteien sind auch die sogenannten Mandatsträgerbeiträge: Abgeordnete des Bundestages oder der Landtage zahlen dabei einen Teil ihrer Diäten an die Partei. So überweist etwa Sahra Wagenknecht, Fraktionschefin der Linken im Bundestag, laut den Angaben auf ihrer Homepage jeden Monat 1250 Euro Mandatsträgerbeitrag an die Bundespartei. Prozentual bekommen die Grünen am meisten von ihren Abgeordneten: 2014 kam fast ein Viertel der Einnahmen aus dieser Quelle. Bei der CSU machen diese Einkünfte dagegen nur acht Prozent des Gesamtetats aus.

Unternehmensbeteiligungen

Hier ist traditionell die SPD aktiv, die seit der Kaiserzeit eigene Zeitungen herausgibt: Die SPD ist über die parteieigene Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft ddvg an einer Reihe von Medienunternehmen beteiligt. Zum Portfolio gehören auch Druckereien, das Reiseunternehmen FFR oder die Kommunikationsagentur Network Media. Aus den Gewinnen fließen jährlich knapp zwei Millionen Euro. Die Gewinne anderer Parteien aus Unternehmensbeteiligungen sind minimal – bei der CDU nur 37 000 Euro.

Sponsoring

Darum geht es beim aktuellen Fall der SPD: Unternehmen und Lobbyisten konnten Veranstaltungen einer SPD-eigenen Kommunikationsagentur mit bis zu 7000 Euro sponsern und bekamen so Zugang zu SPD-Spitzenpolitikern. Auch andere Parteien erhalten von Unternehmen und Verbänden Geldleistungen – vor allem für Ausstellungsflächen auf Parteitagen oder Werbeanzeigen in Mitgliederzeitungen.

Vieles spielt sich im Verborgenen ab. Bekannt wurde das Angebot der NRW-CDU, das Ausstellern auf Parteitagen gegen Aufpreis Begegnungen mit dem damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers versprach. Kritikern monieren, dass Parteien mit dem Sponsoring ein Schlupfloch nutzen würden: Denn anders als bei Parteispenden gebe es bei Sponsorleistungen keine Transparenzauflagen, klagt die Organisation Lobbycontrol. „Es gibt ein strukturelles Problem, das seinen Ursprung im lückenhaften Parteiengesetz hat“, erklärt Annette Sawatzki von Lobbycontrol. Der Missstand sei bekannt, doch blockierten Union und SPD Transparenz und klare Regeln in diesem Bereich.