Hannover. Niedersachsen will möglichst wenig Zuständigkeiten an den Bund abgeben. Verzögert die Diskussion wichtige Projekte noch weiter?

Unser Leser Rolf Carl aus Wolfenbüttel-Ahlum fragt:

Warum braucht die Politik Jahre zur Durchführung von Entscheidungen? Die A39 sollte schnellstens gebaut werden, um einen Ausweich zur A7 zu haben, die A21 Kiel - Bargteheide und Lüneburg auch.

Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) war sich zumindest in einem sicher. „Vor uns liegt eine lange Phase der Diskussion“, sagte Weil am Donnerstag im niedersächsischen Landtag. „Es darf keinen Bruch bei den Projekten geben, die wir begonnen haben“, forderte Verkehrsminister Olaf Lies (SPD). Im Kern geht es genau um die Frage unseres Lesers. Warum dauern Großprojekte im Straßenbau so lange, und wie können sie schneller vorangetrieben werden?

Mit ausgelöst hat die aktuelle Diskussion, von der Weil sprach, Niedersachsen selbst. Im Zuge eines Bund-Länder-Verhandlungspakets zum Finanzausgleich hatte der Bund als Gegenleistung für mehr Euros an die Länder mehr Rechte für sich selbst gefordert – und bekommen. So will der Bund die Bundesfernstraßen künftig in einer neuen „Infrastrukturgesellschaft Verkehr“ selbst planen, bauen und dann betreiben. Der Bund machte bei dem Thema schon länger Druck – und setzte sich nun durch. „Ist der Grund, dass es bisher so langsam geht?“, stichelte die FDP-Abgeordnete Gabriela König im Landtag.

Natürlich nicht, sagt das Land. Niedersachsen ließ zwar in einer „Protokollnotiz“ wissen, dass die „unmittelbare Bundesausführung“ aus Sicht des Landes nicht geboten sei. Doch platzen ließ das Land den Bund-Länder-Deal deshalb nicht. Dabei hatte der Landtag im Januar 2016 einvernehmlich gefordert: „Die Auftragsverwaltung für Bundesfernstraßen (Autobahnen und Bundesstraßen) ist bei den Ländern aufrechtzuerhalten.“ „Der Landtagsbeschluss war richtig“, bekräftigte Lies im Parlament. Niedersachsen sieht seine Straßenbaubehörde, 3200 Mitarbeiter, 13 „regionale Geschäftsbereiche“ mit 55 Straßenmeistereien, exzellent aufgestellt. Wolfenbüttel etwa zählt zu den 6 regionalen Bereichen, die für Autobahnen zuständig sind. Ziel des Landes müsse es sein, den jetzigen Zustand „weitestgehend“ zu erhalten, meinte Lies. „Neben erheblichen Übergangsproblemen sind dauerhaft Doppelstrukturen (...) zu befürchten“, heißt es in der Protokollerklärung Niedersachsens als Argument für die Zuständigkeit des Landes.

So will der Minister die Bundesstraßen aus dem Deal mit dem Bund möglichst heraushalten – dann würden nur die Autobahnen aus der „Auftragsverwaltung“ des Landes herausfallen. Zweitens will Niedersachsen darauf drängen, dass alle beim Land begonnenen Planungen auch dort beendet werden können. 50 weitere Stellen will Lies ausschreiben. Bei der A 39 werde eine ganze Reihe von Planfeststellungsbeschlüssen in enger zeitlicher Taktung abgearbeitet, betonte er. Der CDU-Herausforderer zur Landtagswahl, Bernd Althusmann, warf dem Land mangelnde Planungskapazitäten vor. So oder so bleiben Grundprobleme bestehen: zuwenig Geld im Topf zum Beispiel, weiter zähe politische und juristische Auseinandersetzungen. Besser wird das alles wohl nicht.

Die Pressemitteilung des Landes Niedersachsen zur bundesstaatlichen Finanzbeziehung finden Sie hier.