Hannover. Niedersachsen stimmt im Bundesrat einer Erklärung zu, die die Autoindustrie unter massiven Druck setzt.

Unser Leser Ulf Glag aus Ilsede fragt:

Warum wird so einseitig auf E-Autos gesetzt? Bis 2030 könnte man aus den bereits vorhandenen Ansätzen ein zukunftsorientiertes Gesamtkonzept für Mobilität entwickeln.

Die Antwort recherchierten Michael Ahlers und Christina Lohner

Umwelttechnisch sei auch die Elektromobilität nicht das Allheilmittel, warnt ähnlich wie unser Leser auch Hartwig Erb, Chef der IG Metall in Wolfsburg. „Wir brauchen eine breit aufgestellte Diversifikation in der Modellpalette“, findet Erb. VW sieht der Gewerkschafter in der Zukunft als Konzern, der sich mit „attraktiven Mobilitätskonzepten“ neu aufstellen müsse. Wie schnell, macht die aktuelle Diskussion um einen Beschluss des Bundesrats vom September deutlich.

Was die CDU im Landtag später als „Blamage für Niedersachsen“ bezeichnen sollte, kam routiniert-bürokratisch daher. „Es liegen keine Wortmeldungen vor“, vermeldete die amtierende Bundesrats-Präsidentin und hessische Ministerin Lucia Puttrich (CDU) in der September-Sitzung der Länderkammer. Und zu „Ziffer 4“ vermerkt das Protokoll zum Abstimmungsergebnis „Mehrheit“. Doch die 4 hat es in sich. Dahinter verbirgt sich das Ziel, zwecks Klimaschutzes ab 2030 europaweit nur noch emissionsfreie Autos zuzulassen. Das Autoland Niedersachsen war bei der Abstimmung auch in diesem Punkt mit von der Partie. Etliche andere Länder, darunter Bayern und Baden-Württemberg, aber auch Berlin, Sachsen, Hessen und das Saarland, sollen hingegen nicht zugestimmt haben.

Ausgangspunkt des Ganzen ist eine Mitteilung der EU-Kommission, zu der der Bundesrat Stellung nahm. Es geht um eine europäische „Strategie für emissionsarme Mobilität“, darunter den „Übergang zu emissionsfreien Fahrzeugen“. Die zuständigen Ausschüsse des Bundesrats empfahlen der Länderkammer dazu unter anderem, die Steuer- und Abgabenpolitik so zu gestalten, dass „spätestens ab dem Jahre 2030 unionsweit nur noch emissionsfreie PKW zugelassen werden“.

Die heikle „Ziffer 4“ ging mit Mehrheit durch. Insgesamt achtmal wurde zu Einzelpunkten der Stellungnahme abgestimmt, immer mit Mehrheit. Das heikle Jahr 2030 kam offenbar im Umweltausschuss des Bundesrats ins Spiel, der die Empfehlungen an die Länderkammer mit erarbeitete. In diesen Ausschüssen sitzen faktisch Top-Beamte der Länder. Die Zahl 2030 blieb in der Schlussempfehlung an den Bundesrat, mit den bekannten Folgen.

Eine niedersächsische Regierungssprecherin hatte das Bundesrats-Votum bereits in ersten Reaktionen als „sehr ambitioniert“ bezeichnet. Aus dem niedersächsischen Verkehrsministerium hieß es nun, der Beschluss müsse „im Gesamtzusammenhang gesehen werden“. Darin stehe als Ziel für emissionsfreie Mobilität das Jahr 2050. „Ziffer 4 mit der Jahreszahl 2030 ist ein Unterpunkt“, erklärte eine Sprecherin. Der Antrag unterstreiche die Bedeutung von E-Fahrzeugen für die Mobilität der Zukunft.

Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) betont, es sei in dem Beschluss nie um ein Verbot gegangen. Wenzel verweist auf Anstrengungen anderer Länder und betont die Gefahr, dass Deutschland zurückfällt. Es gehe auch nicht nur um E-Mobilität, so Wenzel. Die stehe mit Blick auf Akzeptanz, Modelle und Infrastruktur noch am Anfang, räumt Minister-Kollege Olaf Lies (SPD) ein. Sinn mache sie auch nur, wenn zumindest der Ladestrom aus regenerativer Energie stamme.

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