Braunschweig. Die frühkindliche Bildung gewinnt an Bedeutung. Bundesfamilienministerin Schwesig will die Qualität der Betreuung verbessern.

Immer mehr Eltern lassen ihre Kinder in einer Kindertageseinrichtung betreuen – vor allem die Zahl der Betreuungsplätze für unter Dreijährige ist in den letzten zehn Jahren bundesweit stark angestiegen – auf knapp 720 000 im Jahr 2016, ein Plus von mehr als 400 000. Damit besucht inzwischen knapp ein Drittel der Kinder unter drei Jahren eine Kita. Das geht aus der Antwort des Bundesfamilienministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor.

In Niedersachsen stieg die Zahl von rund 9400 Kindern im Jahr 2006 auf rund 46 300 in 2016. Von einer Tagesmutter oder einem Tagesvater wurden im vorigen Jahr knapp 11 900 Unter-Dreijährige betreut – vor zehn Jahren waren es knapp 1300 gewesen. Ein Grund für den massiven Ausbau ist der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige, der seit dem 1. August 2013 gilt. Die Zahl der betreuten Jungen und Mädchen im Kindergarten-Alter, also zwischen 3 Jahren und dem Schuleintritt, ist sogar noch viel höher: rund 213 000 waren es 2016 in Niedersachsen.

„Wir wollen kleinere Gruppen, also einen guten Betreuungsschlüssel.“
„Wir wollen kleinere Gruppen, also einen guten Betreuungsschlüssel.“ © Manuela Schwesig (SPD), Bundes- familienministerin

Die Zahlen zeigen, dass die frühkindliche Bildung an Bedeutung gewinnt. Vor allem Krippenplätze sind gefragt. Die Ausgaben der öffentlichen Haushalte für die Kindertagesbetreuung insgesamt haben sich von 2005 bis 2015 auf rund 24 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Das Bundesfamilienministerium schätzt, dass der Bedarf nach einer Betreuung aber noch um rund zehn Prozent höher ist als aktuell Plätze vorliegen.

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) betont deshalb, es gebe trotz beträchtlicher Fortschritte noch weitere Baustellen bei der Kinderbetreuung. „Wir brauchen noch mehr Plätze. Denn es werden wieder mehr Kinder geboren, wir haben zugewanderte Flüchtlingskinder und das Bedürfnis der Familien, eine Kita in Anspruch zu nehmen, steigt“, sagt sie.

Inzwischen setzen auch die Unternehmen zunehmend auf eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf, um qualifizierte Mitarbeiter zu halten. So ist die Zahl der Betriebskitas in den letzten zehn Jahren angestiegen. Gab es 2006 nur 5 solcher Einrichtungen in Niedersachsen, waren es im vorigen Jahr schon 18. Ein Beispiel ist das Kinderhaus „Frech Daxe“ von VW Financial Services oder die Kita des Städtischen Klinikums Braunschweig, die ihre Öffnungszeiten dem Betreuungsbedarf der Angestellten angepasst haben. Die Kita „Kinderwerk“ in Braunschweig ist die erste überbetriebliche Kita in der Region, sie wird von mittelständischen Unternehmen betrieben und ist auch in den Ferien geöffnet.

Laut Bundesfamilienministerium geht der Trend zu einer Vollzeit-Betreuung mit mehr als 35 Stunden wöchentlich. In Niedersachsen verbrachten im vorigen Jahr rund 44 Prozent der betreuten Kinder unter drei Jahren mehr als 35 Stunden in einer Einrichtung, zehn Jahre zuvor waren es noch rund 28 Prozent gewesen.

Eltern mit einem höheren Bildungsabschluss schicken ihr Kind eher schon früh in eine Betreuungseinrichtung als Väter und Mütter mit einem niedrigeren Bildungsstand. In Niedersachsen hatten 28 Prozent der Eltern, die ihre Kinder unter drei Jahren in einer Kita betreuen lassen, die (Fach-) Hochschulreife.

Dagegen ließen nur rund 13 Prozent der Väter und Mütter mit Hauptschulabschluss ihre Kinder in einer Einrichtung betreuen. Der Anteil der Kinder unter drei Jahren mit Migrationshintergrund in den Einrichtungen ist in den letzten Jahren gestiegen. In Niedersachsen lag er im vorigen Jahr bei 15 Prozent, 2009 waren es nur 6 Prozent gewesen.

Damit die Qualität der Betreuung beim weiteren Kita-Ausbau nicht auf der Strecke bleibt, will Ministerin Schwesig noch mehr für die Qualität tun. „Wir wollen kleinere Gruppen, also einen guten Betreuungsschlüssel“, sagt sie. Bei der Betreuung in Krippen kommt in Niedersachsen ein Erzieher auf 3,7 Kinder, in Baden-Württemberg sind es 2,9. Schlechter stehen die neuen Bundesländer da: In Sachsen kommt ein Erzieher auf 6 Kinder.