Braunschweig. Serie Gesundheitswochen: Helmut Reckmann hat ein neues Knie. Sein Ehrgeiz brachte ihn schnell wieder auf die Beine – und auf das Beachvolleyballfeld.

Langsam schiebt Helmut Reckmann seinen Heimtrainer in die richtige Position, der im Keller zwischen selbstgebautem Schwimmbecken und Sprossenwand steht. Dann steigt er auf und radelt los. „Das knackt ja ordentlich beim Treten“, sagt er. Der 77-jährige Rentner hat ein künstliches Kniegelenk. Der Innenmeniskus sei „nur Brei“ gewesen, wie er sagt.

Im Sommer 2015 ging der Rentner ins Herzogin-Elisabeth-Hospital (HEH) zum Röntgen. Ab dann war klar: Ein neues Kniegelenk muss her. In der Fachsprache heißt das: TEP – eine Total-Endo-Prothese.

Der 77-Jährige hat kurze, fast weiße Haare. Er trägt eine schwarze Brille, darunter einen Schnauzer. Helmut Reckmann lacht viel und er sitzt die meiste Zeit unruhig auf seinem Bürostuhl, während er erzählt. Ab und zu stößt er sich mit den Beinen von seinem Schreibtisch ab. Wenn er etwas erklären will, nimmt er seine Hände zur Hilfe.

Die Schmerzen, die zur Knie-OP führten, fingen bei der Gartenarbeit an: Er spürte einen kalten Windzug am linken Knie. „Ab dann hatte ich große Probleme beim Laufen, und die Schmerzen wurden schlimmer. Ich hielt es nicht mehr aus.“ Eine konservative, nicht-operative Behandlung brachte nichts.

Ob er Angst vor dem Eingriff hatte? „Naja, eigentlich nicht, doch als ich im Krankenhaus auf meinen Beratungstermin wartete, saß neben mir eine ältere Frau. Ich fragte sie, ob sie auch ein neues Gelenk bekomme. Sie meinte dann, dass sie zum zweiten Mal am gleichen Knie operiert werde. Dann war ich doch etwas beunruhigt“, erzählt Reckmann. Die OP läuft gut, auch die anschließende Reha bereitet ihm keine Probleme. Zunächst stehen kleine Übungen an. Zwei bis dreimal täglich den Flur entlanglaufen, Treppen hoch und runter gehen, dabei immer im aufrechten Gang. Wichtig ist, das Knie richtig zu bewegen, zu strecken oder anzuwinkeln. Das richtige Bewegen des Kniegelenkes ist wichtig, denn schließlich hat Helmut Reckmann ein neues Kniegelenk und einen Fremdkörper, an den er sich gewöhnen muss. Er schafft es.

Einigen Patienten geht es da anders. Manche leiden nach einer Knieoperation unter chronischen Schmerzen, wie Forscher von der Universität Witten-Hardecke 2014 herausfanden. „Bei mir lief zum Glück alles gut, aber ich denke, dass man auch Ehrgeiz und Willen benötigt, damit man wieder schnell auf die Beine kommt“, sagt Reckmann.

Der 77-Jährige hat in der Reha erlebt, wie sich einige beklagen wegen der Schmerzen – die aber nach so einem Eingriff normal seien. „Die anderen wollten nur eine kleine Runde im Kurpark gehen. Mir war das zu wenig“, sagt er. Helmut Reckmann ist auf Krücken den Berg hochgelaufen. „Ich musste mit der Seilbahn zurückfahren, aber auch nur, weil es zu schwer ist, auf Krücken bergab zu laufen“, sagt er und lacht. Sein Ehrgeiz, wieder schnell aufs Volleyballfeld zurückzukehren, treibt den 77-Jährigen an.

Er war 20 Jahre lang Turner, seit 35 Jahren ist er Mitglied beim DLRG. 2003 baute er das Beachvolleyballfeld, auf dem er bei gutem Wetter dreimal in der Woche spielt, und er absolviert zurzeit eine Bootsführerausbildung. Er behauptet von sich, dass er ein Extremer sei. Das Extreme führt dazu, dass er schon vor der jüngsten OP mehrfach operiert wurde, hauptsächlich durch Sportverletzungen: Reckmann lag wegen Problemen mit dem linken Sprunggelenk und rechten Schultergelenk sowie dem Innen- und Außenmeniskus am rechten Knie unter dem Messer. Schon 1965 erhielt der Rentner die erste Diagnose über Verschleißerscheinungen im linken Knie.

Der 77-Jährige steht wieder regelmäßig auf seinem Beachvolleyballfeld – und kann sein Knie voll belasten. Muss das sein, mit dem künstlichen Knie, nach den vielen Sportverletzungen, drei Autounfällen und einem Arbeitsunfall, bei dem ihm ein Stahlträger auf den Rücken knallte? „Ich nenne das Bewegungstherapie. Ich sitze doch nicht mit meinen 77 Jahren zu Hause rum. Das mache ich nicht.“ Das sei Lebensqualität, die müsse sich jeder selbst schaffen. „Die kann ich nicht beim Bäcker kaufen“, scherzt er. Mit dem Sport aufhören, das kommt für ihn nicht infrage.

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