Istanbul. Nach dem umstrittenen Sieg von Staatschef Recep Tayyip Erdogan beim Referendum hat die Regierung eine Verlängerung des Ausnahmezustands beschlossen.

Vorbehaltlich der Zustimmung des Parlaments kann Erdogan mindestens bis zum 19. Juli weiter per Dekret regieren. Die Versammlungsrechte bleiben eingeschränkt. Dennoch demonstrierten am Montagabend einige Tausend Menschen in Istanbul und anderen Städten gegen Erdogan. Anwohner brachten ihren Protest durch Schlagen auf Kochtöpfe zum Ausdruck. Nach Angaben der Zeitung „Hürriyet“ wurden in Izmir, Antalya und Eskisehir insgesamt 43 Demonstranten festgenommen.

Die größte Oppositionspartei CHP beantragte am Dienstag bei der Wahlkommission offiziell die Annullierung des Referendums. Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu zweifelte erneut die Legitimität des Referendums an und übte scharfe Kritik an der Wahlkommission. „Dieses Referendum ist suspekt“, sagte er am Dienstag bei der Fraktionssitzung seiner Partei im Parlament in Ankara. Zudem habe die Wahlkommission „gegen das Gesetz verstoßen“. Kilicdaroglu sagte, der Antrag auf Annullierung des Referendums werde für die „Ehre“ von Millionen Bürgern eingebracht, die für „Nein“ gestimmt hätten. Experten räumen dem Antrag kaum Aussichten auf Erfolg ein.

Das von Erdogan angestrebte Präsidialsystem hatte nach vorläufigen Ergebnissen der Volksabstimmung vom Sonntag mit 51,4 Prozent nur eine knappe Zustimmung erhalten. Die Opposition kritisiert vor allem die Entscheidung der Wahlkommission, auch nicht von ihr gestempelte und verifizierte Stimmzettel als gültig zu werten. Kilicdaroglu unterstellte der Wahlkommission Nähe zu Erdogan.

Am Montagabend waren unter Erdogans Vorsitz zunächst der Nationale Sicherheitsrat und dann das Kabinett zusammengetreten. Die Verlängerung des Ausnahmezustands wurde laut staatlicher Nachrichtenagentur Anadolu damit begründet, dass dieser „dem Schutz unserer Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit sowie der Rechte und Freiheiten unserer Bürger“ diene. dpa