Osterode. Kabarettist Bernd Stelter präsentierte sein neues Programm „Wer heiratet, teilt sich die Sorgen, die er vorher nicht hatte“ in der Stadthalle.

Vor 51 Jahren war er das erste Mal in Osterode. Damals war er als Fünfjähriger mit seinen Eltern zum Camping gekommen. Jetzt war er nicht mit Zelt oder Wohnwagen, sondern mit Gitarre, Klavier, überzeugender Stimme, einfühlsamen, vielsagenden Liedern und spitzfindigen Wortspielereien in die mit gut gelaunten Zuschauern gefüllte Stadthalle gekommen. Und am Ende des weit mehr als 120 Minuten währenden Programms hofften alle, dass er nicht wieder 51 Jahre bis zu seinem dritten Besuch in der ehemaligen Kreisstadt warten möge.

Die Rede ist vom Vollblut-Kabarettisten Bernd Stelter, der die These „Wer heiratet, teilt sich die Sorgen, die er vorher nicht hatte“ aufstellte und dabei bei der Biologie, der Psychologie und der Juristerei vorbei schaute.

Verschiedene Rollen

Dabei machte der ehrliche Charmeur immer wieder deutlich, dass dieser Slogan alles andere als negativ zu verstehen ist. Denn, auch wenn Männer und Frauen sehr unterschiedlich sind, passen sie seiner Auffassung doch sehr gut zusammen. So mache das Zusammenleben nicht nur Spaß, sondern sei auch gesund. Bei diesen Überlegungen ließ er es sich nicht nehmen, zu gestehen, dass er ziemlich gern bereits 26 Jahre verheiratet ist. Wie wertvoll ihm eben diese Ehe ist, machte er mit einem ungewöhnlichen Vergleich sehr deutlich. Letztendlich ist sie ein langfristiges Projekt, das einem Schweizer Uhrwerk gleicht. Schleicht sich beim Zusammenbau ein Fehler ein, dann geht’s von vorn los, und das sei doch alles andere als langweilig.

Er, der sich selbst als den langsamsten Jogger am Rhein bezeichnet, weil er sich durchaus von einer Weinbergschnecke überholen lässt, schlüpfte aber bestimmt nicht nur in diese unsportliche Rolle, sondern insbesondere auch in andere, die vor Unterschiedlichkeit strahlten. Ob er nun als einstiger Trauzeuge anlässlich der Silberhochzeit eines Sauerländer Jubelpaares mit vielen Sprüchen gehörig in das Schmunzelfettnäpfchen trat, oder sich als Leiter des Standesamtes Westerstede als glühender Befürworter der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft entpuppte. Er wusste stets zu überzeugen. Auch mit der Hoffnung, dass der Ex-regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, doch noch die Fertigstellung des Flughafens Berlin (BER) erleben könnte, weil Ehepartner länger leben als Single.

Als Jurist warnte er davor, schon zu heiraten, wenn man noch verliebt ist. „Denn wer verliebt ist, ist nicht voll geschäftsfähig“. Da die Ehe aber ein Vertrag ist, sollte man bei der Scheidung sagen, dass man beim Ja-Wort total verliebt und somit bekloppt gewesen wäre.

Als Studiendirektor eines Gymnasiums, dessen eine Kollegin von ihm sofort geheiratet werden möchte, wusste er ebenso zu überzeugen. Er verriet nämlich, dass er sich aus dem Grund auf die Suche nach einer Liebesgeschichte mit Happy End gemacht habe und dabei nur auf eine neunseitige Story von Astrid Lindgren gestoßen wäre. Aber wer könne denn einer Frau glauben, die ein kleines Mädchen mit roten Zöpfen beschreibt, das ein Pferd stemmen kann?

Ebenso fantasievoll, und doch realistisch, schlüpfte er in die Rolle eines Jugendlichen, dabei half ihm nicht bloß die entsprechende Kleidung, sondern insbesondere der atemberaubende Umgang mit der „neuen“ Deutschen Sprache. Worte wie etwa „Toilettenabo“, „Denkbesteck“, „Kugelgrippe“, „Kopfgärtner“ und „Glockendisko“ sowie das um sie gestrickte Geschehen, sorgten für Beifallsstürme und bekundeten dem Gast, dass er als Dolmetscher zwischen den Generationen auftreten könnte. Auch als Discjockey der besonderen Art könnte er Bühnen-Geschichte schreiben. Denn mittels spritziger Monologe und vielsagender Bewegung sowie eines zielsicheren Fingers entführte er in die Zeit, in der Dieter Thomas Heck jede Woche eine LKW-Ladung neuer Hits in die Wohnzimmer kippte.

Zugabe-Reigen

Da die Halle nicht bloß einmal aufgrund der Beifallsstürme bebte, wollte sich Bernd Stelter bestimmt nicht vor einem Zugabe-Reigen drücken – im Gegenteil.

Hatte er schon zu Beginn das Gespräch mit einem Zuhörer geknüpft, suchte er es am Ende mit allen. Dabei gewährte er auch Einblicke in sein Karneval-Programm. Da werden elf kleine Italiener ebenso ihr Fett bekommen wie der 1. FC Köln.