Osterode. Theaterwerkstatt Göttingen präsentierte Einpersonenstück „Farouks Cousin“ in Osteroder Stadtbibliothek.

Ein eindringliches Kammerspiel präsentierte die Theaterwerkstatt Göttingen mit „Farouks Cousin“ in der Stadtbibliothek in Osterode. Das Stück von Thea Brende wurde im Rahmen des Inter-Kultur-Labors aufgeführt und war für die Besucher kostenlos.

Farouk - Vater vor langer Zeit aus Syrien eingewandert, Mutter gebürtige Ostdeutsche - hält in der Schule ein Referat über die DDR. Doch immer wieder tauchen in seiner Powerpoint-Präsentation Fotos von Verwandten und dem Bürgerkrieg in Syrien auf, die sein erst vor kurzem geflohener Cousin Nabil eingeschoben hat.

Riskant und zermürbend

Nach anfänglichem Ärger beginnt Farouk dann doch über Nabil zu sprechen, dessen riskante und zermürbende Flucht sowie seine großen Sorgen um die Eltern und die kranke Schwester, die in einem Lager unter unwürdigen Zuständen festsitzen.

Und schließlich erzählt der Jugendliche auch über seine eigene aufkeimende Wut und Eifersucht auf seinen Cousin Nabil, der plötzlich im Mittelpunkt der familiären Aufmerksamkeit steht und ihm seinen Platz streitig zu machen scheint.

Schwächen hatte das Stück zu Beginn. Die ausführliche Aneinanderreihung von Fakten über das DDR-Regime, die zumindest den meisten Erwachsenen hinlänglich bekannt sein sollten, führte zu Längen. Die plakative Gleichsetzung der Verhältnisse in der DDR und in Syrien unter dem Stichwort Diktatur wirkte in ihrer unreflektierten Vereinfachung doch reichlich gewagt.

Lebhaft und intensiv

Anrührend waren hingegen die lebhaften Schilderungen von Nabils Flucht, von Strapazen, Ängsten und Gefahren. Das war vor allem der Leistung von Michael Rautenberg zu verdanken, der das Einpersonenstück mit seiner intensiven Darstellung trug. Er machte die Furcht bei der Meeresüberquerung in einem überfüllten Schlauchboot oder die beklemmende Panik von Menschen spürbar, die im Laderaum eines Lastwagens zusammengepfercht sind.

„Das war mal eine wunderschöne Stadt, eine wunderschöne Straße voller Leben. Man kann das gar nicht begreifen“, sagt Farouk über Nabils zerstörtes Zuhause und demonstriert in seinem Schwanken zwischen Mitgefühl und Ablehnung dennoch, was es heißt, alles zu verlieren, was das eigene Leben einmal ausmachte, und in einem fremden Land als Außenseiter wieder Fuß fassen zu müssen, obwohl der Kopf noch voller Trauer und Sorge ist.

Packend und bewegend

Am Ende gab es großen Applaus für ein packend gespieltes, bewegendes Monodrama, das ihr zeitweise unter die Haut gegangen sei, wie eine Zuschauerin bekannte. Regisseurin Dorothea Derben, Assistentin Imke Seidel und Schauspieler Michael Rautenberg hatten das Publikum im Anschluss zum Gespräch eingeladen.

Die Fluchtgeschichte beruhe auf den Erzählungen von Geflüchteten, die sie während ihrer Recherchen interviewt habe. Deshalb wirke besonders dieser Teil so emotionsgeladen und authentisch, so die Regisseurin.