Berlin. Die ukrainische Offensive stockt. Entlastungsangriffe mit Drohnen sollen die Russen verunsichern und den Westen bei der Stange halten.

Die ukrainische Gegenoffensive verläuft nicht so, wie Präsident Wolodymyr Selenskyj sich das gewünscht hat. Seine Truppen kommen nur sehr langsam voran. Das liegt daran, dass die ukrainische Armee mit verschiedenen Hindernissen zu kämpfen hat. Die Russen haben mehrere Verteidigungslinien errichtet, die großflächig vermint wurden.

Das zwingt die Ukrainer dazu, nur sehr behutsam vorzurücken. Darüber hinaus sind sie russischen Angriffen oft ungeschützt ausgeliefert. Ihre Flugabwehrraketen setzen sie vor allem zur Abschirmung der Städte ein – sie fehlen an der Front. Die Folge ist ein erbitterter Abnutzungskrieg.

Kiews Kalkül: Die russische Bevölkerung soll verunsichert werden

Vor diesem Hintergrund starten die Ukrainer immer wieder Entlastungsangriffe aus der Luft. Die neuesten Drohnenattacken auf Moskau und die Krim haben zwei Ziele. Sie sollen erstens die russische Bevölkerung verunsichern und damit die Risse im System Putin vergrößern. Zweitens will das ukrainische Militär testen, wo die Schwachstellen der russischen Flugabwehr liegen.

Michael Backfisch, Politik-Korrespondent
Michael Backfisch, Politik-Korrespondent © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Das Kalkül: Wenn es den Ukrainern gelingt, in die russische Landbrücke im Süden einen Keil zu treiben, liegt die Krim in Reichweite eigener Raketen. Die Rückeroberung der Halbinsel hat Selenskyj zum strategisch wichtigen Ziel erhoben.

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Der Marathon-Krieg dürfte sich bis weit in das nächste Jahr hinziehen

Dennoch haben die Drohnenangriffe gelegentlich etwas von einem Akt der Verzweiflung. Angesichts geringer Fortschritte auf dem Schlachtfeld will die Führung in Kiew zweierlei signalisieren: Die russischen Truppen sind verletzlich – und die militärische Unterstützung durch den Westen lohnt sich. Die Ukrainer haben sich auf einen Marathon-Krieg eingerichtet, der sich bis weit in das nächste Jahr hinziehen dürfte.