Istanbul/Washington. Lange hat Saudi-Arabien dementiert, nun gesteht Riad: Der saudische Journalist Jamal Khashoggi sei in Istanbul ums Leben gekommen.

Im mysteriösen Vermisstenfall Jamal Khashoggi gibt es traurige Gewissheit: Mehr als zwei Wochen nach dem Verschwinden des saudischen Journalisten hat Saudi-Arabien den Tod des Regimekritikers eingeräumt. Vorläufige Ergebnisse hätten gezeigt, dass es zwischen Khashoggi und mehreren Personen im Istanbuler Konsulat zu einem tödlichen Streit gekommen sei, berichtete die staatliche saudische Nachrichtenagentur Spa am späten Freitagabend.

18 saudische Staatsangehörige seien festgenommen worden, darunter auch der Vizechef des Geheimdienstes. Die Ermittlungen zu der „bedauerlichen und schmerzhaften“ Entwicklung liefen.

Saudi-Arabien will wohl Kronzprinz schützen

Mit der Stellungnahme versucht die saudische Regierung offenbar, Kronprinz Mohammed bin Salman aus der Schusslinie zu nehmen. Eine Verbindung zu der Tat könnte dem 33-jährigen starken Mann des Wüstenstaates, der unter heftigem Druck steht, sehr schaden.

Saudische oder den Saudis nahe stehende Medien berichteten unter Verweis auf Sicherheitskreise dann auch, der Thronfolger habe von einer Operation im Konsulat nichts gewusst.

Journalist verschwand im Konsulat

Khashoggi war am 2. Oktober in der Türkei in das saudische Konsulat gegangen, um dort Papiere für seine geplante Hochzeit abzuholen.

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. Eine Überwachungskamera zeigt, wie er das Konsulat betritt – dann verliert sich seine Spur.

Die türkischen Behörden gehen davon aus, dass Khashoggi im Konsulat von einem aus Saudi-Arabien angereisten 15-köpfigen Spezialkommando getötet wurde. Seine Leiche soll zerstückelt worden sein, heißt es in Medienberichten, die sich auf offizielle Stellen beziehen. Die Behörden sollen auch

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sein. Die Saudis beteuern ihre Unschuld.

Türkische Ermittler gehen von Mord an saudischem Journalisten aus

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    Der Journalist lebte seit mehr als einem Jahr im US-Exil und schrieb unter anderem für die Zeitung „Washington Post“ regierungskritische Artikel über Saudi-Arabien. Die „Washington Post“ veröffentlichte den bislang letzten Beitrag ihres Kolumnisten.

    US-Präsident Donald Trump wollte keine öffentlichen Zweifel an der offiziellen Darstellung Saudi-Arabiens zum Tod Khashoggis äußern, betonte aber auch: „Wir haben einige Fragen.“ Er wolle deshalb mit Kronprinz Mohammed bin Salman sprechen. Zuvor hatte er bereits mit „sehr schwerwiegenden“ Konsequenzen, sollte Saudi-Arabien für den Tod des Journalisten verantwortlich sein. Trump betonte aber auch, man müsse das Ergebnis der Untersuchungen in dem Fall abwarten.

    Dafür wolle die USA der Führung in Riad „noch ein paar Tage“ einräumen, sagte US-Außenminister Mike Pompeo am Donnerstag nach seiner Rückkehr aus Saudi-Arabien und der Türkei. Der Untersuchungsbericht werde transparent und öffentlich sein, kündigte Pompeo an. Danach könne die US-Regierung über eine Reaktion entscheiden.

    „Mein Urteil nach den Treffen ist, dass es ein ernsthaftes Bekenntnis gibt, alle Fakten zu finden und Verlässlichkeit zu garantieren, auch die Verlässlichkeit gegenüber hochrangigen saudischen Führungsfiguren und Beamten“, hieß es in einem Statement Pompeos.

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    Präsident Trump hatte ebenfalls mit Salman sowie dessen Sohn, Kronprinz Mohammed bin Salman telefoniert. Der Kronprinz hatte Trump zuvor nach den Angaben des US-Präsidenten versichert, dass die saudische Führung nichts von den angeblichen Vorkommnissen in der saudischen Botschaft in Istanbul gewusst habe.

    Verdächtiger hatte Kontakt zu Kronprinz

    Die „New York Times“ schrieb zuletzt unter anderem unter Berufung auf Gesichtserkennung, Profile in den sozialen Netzwerken, Medienberichte und geleakte saudische Regierungsdokumente, dass mehrere der von der Türkei identifizierten Mordverdächtigen aus dem direkten Umfeld von Kronprinz Mohammed bin Salman stammten.

    Ein Verdächtiger sei gesehen worden, wie er mit dem Kronprinzen aus Flugzeugen in Paris und Madrid gestiegen sei, zudem sei er beim Wachestehen während seiner Besuche in diesem Jahr in Houston, Boston und bei den Vereinten Nationen fotografiert worden.

    Drei weitere Verdächtige seien anhand von Zeugen und anderen Aufzeichnungen dem Sicherheits-Einsatzkommando des Kronprinzen zugeordnet worden. Der fünfte sei ein Gerichtsmediziner, der eine hochrangige Position im saudischen Innenministerium innehabe.

    Die türkischen Behörden gehen davon aus, dass Khashoggi von einem aus Saudi-Arabien angereisten Spezialkommando getötet wurde. Unter der Überschrift „15-köpfige Mörder-Truppe“ wurden in der türkischen Zeitung „Sabah“, aber später auch der Regierungszeitung „Yeni Safak“ und anderen Medien einige der Saudis namentlich identifiziert.

    Behörden durchsuchten saudisches Konsulat

    Die „New York Times“ berichtete weiter, von den 15 von türkischen Behörden identifizierten Verdächtigen hätten mindestens neun für saudische Sicherheitsdienste, Militär- oder Regierungseinrichtungen gearbeitet. Wenn diese Leute tatsächlich im saudischen Konsulat gewesen wären zu jener Zeit, als auch Khashoggi dort war, gebe es einen direkten Bezug von den Geschehnissen zum Kronprinzen.

    US-Präsident Donald Trump sagte am Dienstagabend (Ortszeit) in einem Interview des US-Senders Fox Business, entscheidend sei, ob die saudische Führung von den Vorkommnissen gewusst habe. „Wenn sie davon gewusst hätten, dann wäre das sehr schlecht“, sagte Trump.

    Türkische und saudische Ermittler hatten zuvor eine neunstündige Durchsuchung des saudischen Konsulats in Istanbul abgeschlossen. (dpa)