Was Menschen sich dabei denken, wenn sie Auszüge wie im Herkules E-Center in Dreilinden in der Öffentlichkeit platzieren, ist nur schwer nachzuvollziehen. In der vergangenen Woche haben Unbekannte dort zwei Zettel am Schwarzen Brett ausgebracht und die Bürgerinitiative der Omas gegen Rechtsund die Betreiberin der Dreilinden-Apotheke rassistisch beleidigt.
Im besten Fall war es ein äußerst misslungener Scherz, im schlimmsten Fall der Wunsch, die eigene Borniertheit zur Schau zu stellen – womöglich um Mitstreiter zu gewinnen.
So oder so ist die Aktion nicht einfach nur geschmacklos, sie reiht sich ein in ein gesellschaftliches Klima, das immer feindseliger zu werden scheint. Ausdruck findet dieses Klima in dem sich immer wiederholenden Bonmot der Kleingeistigkeit: „Wird man ja noch sagen dürfen.“ Oder sogar noch besser: Ist doch bloß ein Witz, Satire eben.
Dabei gilt zu beachten: Das Ziel von Satire sind die Starken. Vermeintliche Satire nach unten zu richten, auf Schwächere oder solche, die nur Andere schützen möchten, ist nicht satirisch und schon gar nicht witzig: Es ist menschlich verwahrlost.
Wenn wir als Gesellschaft solche Entgleisungen unwidersprochen hinnehmen, sie gar ignorieren oder zur Lappalie herabstufen, bereiten wir den Nährboden für das sich zunehmend verschärfende Klima. Dabei ist das zu Beginn für die meisten Menschen nicht dramatisch, denn sie schützt der Mantel der Mehrheitsgesellschaft. Aber diejenigen, die nicht zur Mehrheit gehören, können nichts tun, außer aufmerksam zuhören, wenn auf ihre Kosten Witze gemacht werden.
Eine offene, freie, demokratische Gesellschaft besteht nur aufgrund eines Versprechens. Des Versprechens der Gleichheit aller Mitbürgerinnen und -bürger vor dem Gesetz – sprich der Republik. Diese leitet sich her von lateinisch Res publica: die Sache der Allgemeinheit. Rassistische Entgleisungen treffen deshalb unsere gesellschaftliche Ordnung, weil sie das Versprechen der Gleichbehandlung verletzen und einzelne Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Kultur, Religion oder Ähnlichem herabwürdigen. Dem zu widersprechen, ist oberste Bürgerpflicht.