Die Solaranlage auf dem eigenen Dach - etwas Gutes tun und mit dem grünen Strom auch noch Geld sparen. Das klingt gerade in Zeiten einer Energiekrise und massiv steigenden Lebenshaltungskosten verlockend. Doch für wen im Altkreis Osterode ist die eigene Fotovoltaik-Anlage geeignet? Nach wie viel Jahren hat man die Investition wieder eingespart? Wir haben mit Experten gesprochen und beantworten alle wichtigen Fragen zum Thema.
Für wen lohnt sich überhaupt eine Fotovoltaik-Anlage?
„Da ist vor allem die Dachfläche entscheidend“, weiß Stefanie Steinwender, Energieexpertin der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Etwa Ausrichtung und Schattenwurf seien relevante Faktoren. „Das wissen die Menschen am eigenen Haus meist am besten“, glaubt Steinwender. Im Winter sei die Stromproduktion ohnehin geringer, aber wenn dazu noch ein ungünstiger Schatten komme, könnte das ein Ausschlusskriterium sein. „Wenn man ein Dach mit vielen Gauben hat und die Fläche fehlt, kann das auch kritisch sein“, sagt die Energieexpertin.
„Im Normalfall rechnet sich eine Fotovoltaikanlage aber durchaus auf den meisten Dächern“, ist Steinwender überzeugt. Dafür bräuchte es nicht einmal unbedingt eine Fläche nach Süden. Auch Osten und Westen habe Vorteile. „Das ist super, weil man da gerade im Sommer schon morgens und bis abends beide Seiten ausnutzen kann“, erklärt die Expertin.
Wie läuft der Prozess zur eigenen Solaranlage ab? Experten aus dem Landkreis Göttingen erklären
Am besten sei es, sich schon im Voraus bei der Verbraucherzentrale beraten zu lassen. Der weitere Prozess sei von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. „Ich finde es am besten, wenn man sich an den Elektriker seines Vertrauens wendet“, sagt Steinwender.
Mittlerweile gebe es auch viele große Firmen auf dem Markt. Teils bieten diese Miet-Anlagen oder Pacht-Modelle an. Steinwender warnt allerdings: „Die wollen natürlich auch ihr Geld verdienen und sind relativ teuer.“ Wer es eilig habe, der sollte diese Angebote ruhig nutzen. „Große Firmen können die Fotovoltaikanlagen oft innerhalb einiger Wochen auf das Dach bringen. Beim Elektriker dauert es hingegen länger“, sagt Steinwender. Diese Geschwindigkeit spiegele sich allerdings auch im Preis wider.
Deswegen empfehle sie, sich idealerweise mehrere Angebote einzuholen. Auch diese würde sich die Verbraucherzentrale einmal anschauen. „Ich habe es auch schon erlebt, dass eine Firma eine riesige Anlage auf ein Haus bauen wollte, die sich gar nicht gerechnet hätte“, erzählt die Energieexpertin.
„Es gibt durchaus genug Menschen, die wollen, dass sich jemand um alles für einen kümmert“, berichtet Morgenroth. Sie habe beide Typen schon erlebt. Menschen, die das Thema selber durchdringen und jene, die es möglichst einfach erledigt wissen wollen. „Wenn wir gesamtgesellschaftlich mehr Fotovoltaikanlagen wollen, müssen wir auch die Voraussetzungen schaffen“, findet Morgenroth. Zurzeit herrsche allerdings eine große Verunsicherung in der Bevölkerung und nicht jeder erhalte am Ende einen fairen Preis. Deshalb sei es wichtig, mehrere Angebote zu vergleichen und gegebenenfalls ein Beratungsangebot zu nutzen.
Welche Infrastruktur braucht ein Haus für die eigenen Fotovoltaik-Anlage?
„Wenn das Dach 30 oder 40 Jahre alt ist, sollte man durchaus einen Statiker kommen lassen“, so Steinwender. Und das vor allem, bevor die Fotovoltaik-Anlage angebracht wurde. „Wenn die Anlage erst mal installiert ist, dann möchte ich sie ja nicht wieder nach fünf Jahren abschrauben, um das Dach zu sanieren“, glaubt die Expertin.
Es könne auch passieren, dass die Elektrik zu veraltet ist. Beispielsweise, wenn ein Haushalt noch alte Keramiksicherungen oder keinen FI-Schalter habe. „Das hat aber nicht unbedingt nur etwas mit einer Fotovoltaik-Anlage zu tun, sondern vor allem mit Brandschutz“, sagt Steinwender. Diese Bedenken kläre man am besten im Gespräch mit dem Elektriker.
Wie viel nutzt man am Ende vom eigenen Solarstrom?
„Wenn die Fotovoltaik-Anlage optimal ausgelegt ist, kann ich etwa ein Drittel meines Stromverbrauchs ersetzen“, erklärt Steinwender. Optimal ausgelegt heißt hier, dass pro verbrauchten 1000 Kilowattstunden eine Anlage mit einem Kilowattpeak installiert wird. Man könne diesen Anteil aber auch steigern, mit dem richtigen Nutzerverhalten. „Beispielsweise, wenn man die Wäsche bei Sonnenschein anstellt oder den Geschirrspüler weniger nachts nutzt“, erklärt die Energieexpertin.
Ab wann macht man mit der eigenen Fotovoltaik-Anlage ein Plus-Geschäft?
„Die Fotovoltaik-Anlagen rechnen sich im Durchschnitt nach etwa 10 Jahren“, erklärt die Expertin. Dann haben Haushalte die initialen Kosten wieder eingespart. Dies ist die sogenannte Amortisierungszeit. Durch die beschriebene Verhaltensänderungen lasse sich dieser Zeitraum sogar verkürzen. Demgegenüber steht die Lebenszeit der Solaranlage. Steinwender erklärt: „Eine moderne Fotovoltaik-Anlage funktioniert in der Regel über 20 Jahre nach Installation noch.“ Nach 20 Jahren sei die Produktion etwas geringer. „Da sind wir dann nur noch bei 80 oder 90 Prozent“, berichtet die Energie-Expertin.
In dieser Berechnung ist die Einspeisevergütung bereits einbezogen. Hier werden Besitzer von Fotovoltaik-Anlagen von den Stromanbietern für allen nicht genutzten und ins Netz eingespeisten Strom bezahlt. Dies seien 8,4 Cent pro Kilowattstunde für alle, die nur das einspeisen, was sie nicht nutzen. Es gibt auch die Möglichkeit, die Erzeugnisse eine Solaranlage vollständig einzuspeisen. „Zum Beispiel, wenn ich auf einer Gartenlaube eine Photovoltaik-Anlage installiere und diese nicht selbst nutze“, erklärt die Energie-Expertin. Dafür gibt es 12 Cent pro Kilowatt-Stunde. Man müsse zwar etwas Geduld haben, aber Steinwender halte eine Fotovoltaik-Anlage für eine durchweg sinnvolle Investition.
Wie viel bezahlt man im Altkreis Osterode für eine Solaranlage?
Eine Fotovoltaik-Anlage mit einer Leistung von einem Kilowatt-Peak kostet laut Steinwender etwa 1500 Euro bis 2000 Euro. In der aktuellen Marktlage auch schon mal etwas mehr. „Bei 2300 Euro pro Kilowatt-Peak rate ich aber vom Kauf ab“, sagt Steinwender.
„Speicher sind noch relativ teuer“, gibt Steinwender zu bedenken. Es könne sich lohnen, weil man – je nachdem wie groß der Speicher ist - nicht nur 33 Prozent, sondern durchaus 66 Prozent des Stromverbrauchs selber nutze, den man erzeugt. „Ich sehe kritisch, wie lange die Speicher wirklich halten“, sagt Steinwender. Bei Anlagen mit Speicher kann die Amortisierungszeit bei bis zu 16 Jahren liegen. „Ich weiß nicht, ob die Speicher wirklich so lange funktionieren“, gibt sie zu bedenken. Dann sei die Frage, bis wann gelte die Garantie.
„Ein Speicher kosten schon etwa 2000 Euro pro Kilowattstunde - vielleicht auch 1500 Euro“, sagt Steinwender. Sie habe aber auch einige Angebote gesehen, bei denen die Speicher deutlich günstiger waren und dafür die Anlagen selbst teurer.
Gibt es im Altkreis Osterode eine Förderung für private Solaranlagen?
Es gibt in Deutschland keine bundesweite Förderung im eigentlichen Sinne. Das heißt: keine finanziellen Zuschüsse für den Kauf von Fotovoltaikanlagen“, erklärt Jannis Brünjes, Berater bei der Energieagentur Göttingen. Dies werde den Kommunen selbst überlassen. Im Landkreis Göttingen gebe es solche Maßnahmen zurzeit noch nicht.
Eine Form der Unterstützung gibt es allerdings vom Staat. Der Energieberater erklärt: „Ab Januar dieses Jahres wird beim Kauf von Fotovoltaikanlagen die Mehrwertsteuer vollständig erlassen.“ Diese Steuerentlastung gelten für alle Anlagen bis 30 kW sowie das nötige Zubehör. Größere Anlagen - zum Beispiel von Unternehmen - profitieren hier jedoch nicht. „Außerdem sind kleine private Fotovoltaikanlagen auch nicht mehr bei der Einkommenssteuer zu berücksichtigen“, sagt Brünjes.
Er gibt außerdem zu bedenken: „Man könnte die Einspeisevergütung ebenfalls als Förderung bezeichnen, da der Preis für 20 Jahre vom Staat garantiert ist.“ Sinkt der Marktpreis, springe hier der Staat ein. „Aber das erkennen die meisten Menschen auf den ersten Blick nicht als eine Förderung“, findet der Berater der Energieagentur.
„Es ist wichtig, sich die Zeit zu nehmen, um neben allgemeinen Informationen die eigene Situation genau zu bewerten“, bekräftigt Leila Morgenroth, Geschäftsführerin der Energieagentur Göttingen. Es gäbe einfach Regionen, in denen etwa die Erwartung, einfach großflächig Fotovoltaik zu fördern, nicht zwingend ausreichend durchdacht sei. „In unserer Region etwa das Stadtgebiet Göttingen“, sagt Morgenroth. Hier gehe zwar auf privaten Dächern noch ganz viel, aber für Freiflächen-Anlagen ist weniger Spielraum. Teilweise sei die Dachbelegung wegen Denkmalschutz nicht möglich.
„Die lokalen Akteure und Kommunen wissen oft selbst am besten, wo ihre Potenziale liegen“, ist Morgenroth überzeugt. Die Bundesregierung könne das zum jetzigen Zeitpunkt der Digitalisierung nicht sehr genau, sondern über Schätzwerte. Zur Mehrwertesteuer-Erlassung sagt Morgenroth: „19 Prozent finde ich durchaus nicht wenig. Die Wahrheit ist aber auch, dass Preise für Anlagen umgekehrt angestiegen sind.“ Sie denkt, klarere Kommunikation seitens der Regierung, mit Hinweis auf eine solche andere Art der Förderung wäre hilfreich zum Verständnis der Bevölkerung. Zum Beispiel in Form einer finanziellen Förderung. „Die Steuererlassung ist ein Beispiel für eine sehr unbürokratische Unterstützung“, unterstreicht Morgenroth.
Zurzeit gehen Bewohner unserer Region zwar leer aus, aber das könnte sich ändern. Zuletzt wurde im Göttinger Kreistag von der SPD und Bündnis 90/Die Grünen ein Antrag zur Solarförderung gestellt. Die Parteien beauftragen die Göttinger Verwaltung, ein Konzept für die Förderung im Landkreis zu erstellen. Unter anderem soll es dabei um die Förderung von privaten Fotovoltaik-Anlagen gehen.
Wie viele Solaranlagen gibt es zurzeit im Altkreis Osterode?
Im Altkreis Osterode gibt es 2415 Fotovoltaik-Anlagen, teilte die Harzenergie auf Anfrage unserer Redaktion mit. Mit 2014 wird der überwiegende Großteil davon privat betrieben. 2023 seien 321 Anlagen hinzugekommen. Zum Vergleich: Im gesamtenLandkreis Göttingen gab es Stand 2021 etwa 7400 Fotovoltaik-Anlagen, so eine Sprecherin des Kreises.
Solardachkataster und Energieberatungen - Welche Services bieten Energieagentur und Verbraucherzentralen an?
„Wir arbeiten mit der Verbraucherzentrale zusammen und bieten darüber Erstberatungen an“, beschreibt Brünjes. In diesen Erstgesprächen gehe es noch nicht konkret darum, eine Fachplanung für eine individuelle Fotovoltaikanlage aufzustellen. „Trotzdem wollen wir, dass unsere Klienten erfahren, ob eine Anlage wirtschaftlich sinnvoll wäre“, sagt der Energieberater weiter. Dabei seien unter anderem Faktoren wie die Ausrichtung und Größe des Daches, sowie der Stromverbrauch im Haushalt wichtig. „Detailfragen wie etwa zur Statik oder den eigenen Dachziegeln können wir im Rahmen dieser Erstberatung nicht klären“, sagt Brünjes. Es gehe erstmal um die groben Rahmendaten.
Die Energieagentur und Verbraucherzentralen haben laut Brünjes außerdem einen guten Einblick in den aktuellen Markt. „Deswegen können wir auch Angebote beurteilen. Wir kennen hier regional gut die Preise der Anlagen“, sagt Brünjes. Wer sich nicht sicher ist, ob ein Angebot für eine Fotovoltaikanlage angemessen ist, kann sich also auch so Abhilfe verschaffen.
Weiterhin erinnert die Energieagentur Göttingen an das Solardachkataster. In dieser Sammlung von Luftaufnahmen kann man sich eigenständig bereits informieren, wie gut das eigene Haus für eine Solaranlage geeignet ist. Im Internet gibt man problemlos die eigene Adresse ein, Dächer sind dann farblich gekennzeichnet. „Hier kann ich erst mal grob einschätzen, wie vorteilhaft mein Dach ausgerichtet ist“, erklärt Leila Morgenroth, Geschäftsführerin der Energieagentur Göttingen. Diese sehr konkreten Luftaufnahmen werden nur in mehrjährigen Zeitabständen aufgenommen, was ganz normal ist aufgrund des hohen Aufwands.
Morgenroth empfiehlt: „Wenn mein Haus noch nicht auf der Karte ist, kann man sich zunächst einmal ein vergleichbar ausgerichtetes Dach vom Nachbargrundstück anschauen.“ Sie sei überzeugt, dass das Solardachkataster ein starkes Werkzeug ist, um Bürgern eine solide Entscheidungsgrundlage zu liefern.
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