Braunschweig. Das HAUM erhält dank Unterstützer eine Schmuckwaffe, die Herzog Ferdinand vor 250 Jahren einem Verbündeten schenkte. Warum das Stück einzigartig ist.
Es war ein besonders wertvolles Stück, als Zeichen der Wertschätzung des Beschenkten, aber auch als Ausweis des Rangs des Schenkenden: Im November 1762 verehrte Herzog Ferdinand von Braunschweig-Lüneburg als Befehlshaber über die mit Preußen verbündete britische Armee seinem Generalleutnant George Howard einen prunkvollen Hofdegen. Ferdinands Truppen hatten die französische Armee bei Kassel zuvor entscheidend geschlagen, Howard hatte daraufhin erfolgreich die Bedingungen eines französisch-britischen Waffenstillstands verhandelt. Damit ging der Siebenjährige Krieg seinem Ende zu, den manche Historiker als ersten Weltkrieg bezeichnen, da viele europäische Nationen beteiligt waren und Franzosen und Briten beispielsweise auch in Nordamerika um die Vorherrschaft rangen.
Ferdinand von Braunschweig beschenkte zum Abschied alle, die eng an seiner Seite gedient hatten, mit Pretiosen oder Geldbeträgen. Der Hofdegen für Howard war das mit Abstand wertvollste Geschenk. „Es war die Zeit, in der kleine Fürstentümer wie Braunschweig-Wolfenbüttel die Geschichte mit prägen wollten. Gaben wie diese sollten auch ihre wirtschaftliche Potenz signalisieren“, sagt Niedersachsens Kulturminister Falko Mohrs. Grund seiner historischen Erläuterungen: Der prunkvolle Hofdegen ist zurück in Braunschweig und ein neues Prachtstück der Sammlung für Angewandte Kunst des Herzog-Anton-Ulrich-Museums (HAUM).
Warum machte der Freundeskreis des Anton-Ulrich-Museums den Ankauf des Prunkdegens möglich?
Angestoßen hatte den Ankauf der rund 700 Mitglieder starke Freundeskreis des Museums, der im Herbst übrigens sein 30-jähriges Bestehen feiert. Ein verstorbenes Mitglied habe seinen Nachlass für den Erwerb eines bedeutenden Exponats zur Verfügung gestellt, berichtete Vorstandsmitglied Daniel Bresser gestern bei der Präsentation des Degens. Museumsdirektor Dr. Thomas Richter schaute sich daraufhin nach geeigneten Stücken um. Der Hinweis auf den Hofdegen kam aus der auf solche Fälle spezialisierten Bremer Galerie Neuse. „Dieses Stück hatte den braunschweigischen Bezug, der uns wichtig war“, so Bresser.
Allein: Für den Ankaufpreis - laut Museum 550.000 Euro - reichten die Mittel des Freundeskreises nicht aus. Niedersachsens Kulturministerium holte die Kulturstiftung der Länder und die Ernst-von-Siemens-Kunststiftung mit ins Boot. Beide befanden den Ankauf für ganz im Sinne ihrer Stiftungsziele: „Wir unterstützen den Erwerb herausragender Objekte, die eine große Bedeutung für die Menschen in Deutschland und seinen Regionen haben“, so Prof. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung.
Warum ist der Prunkdegen so wertvoll?
Prof. Dirk Syndram vom Stiftungsrat der Siemens-Kunststiftung, früherer Leiter des Grünen Gewölbes in Dresden, hob den enormen Wert des Hofdegens hervor, heute wie damals: Angesichts der zahlreichen verarbeiteten Edelsteine überstieg die Bedeutung dieses Geschenks deutlich die etwa von Gemälden oder Skulpturen.
Der Hofdegen sei ein Schmuckstück, keine Waffe, betonte Dr. Martina Minning, Leiterin der Abteilung für Angewandte Kunst des HAUM. „Man trug ihn zu wichtigen Anlässen links am Prachtock, der dafür extra zwei Schlitze hatte.“ Knauf und Griff des Degens seien aus massivem, graviertem Gold, besetzt mit mehr als 200 Diamanten, zu feinen Blüten geformt. Minning kam bei ihren Studien zu dem Ergebnis, dass der Hofdegen nicht wie zunächst angenommen in Dresdener Kunsthandwerkerkreisen gefertigt wurde, sondern von hugenottischen Goldschmieden um den Hof Friedrichs II..
Warum der Prunkdegen einzigartig ist
„Es ist das einzige erhaltene Stück dieser Art“, sagt Minning. Das hänge mit dem hohen Materialwert zusammen. „Mode und Geschmäcker wechselten. Gold konnte man einschmelzen, Diamanten anderweitig verwenden.“ Oder eben zu Geld machen. Die Familie Howard habe den von Ferdinand verehrten Degen allerdings über Jahrhunderte in Ehren gehalten, sagte Volker Wurster von der Galerie Neuse. Er sei erst in jüngerer Zeit auf den Markt gekommen.