Über den USA schwebt ein chinesischer Spionage-Ballon. Wofür sie genutzt werden und warum sie in der Spionage ein Comeback erleben.

Es ist eine Geschichte wie aus dem Kalten Krieg: Seit Tagen schwebt ein chinesischer Spionage-Ballon gut sichtbar über den USA. Dort diskutiert man mittlerweile, ob man das Fluggerät aus China abschießen sollte. Unter anderem wurde der Ballon in der Nähe einer Luftwaffenbasis gesichtet, in der auch nukleare Sprengköpfe lagern. Und auch in Deutschland diskutiert man, wie man auf die Spionage-Aktivität Chinas reagieren sollte.

Doch was genau ist ein Spionage-Ballon überhaupt? Welche Funktion hat er? Warum die Technik schon seit der französischen Revolution benutzt wird und warum sie einige Vorteile gegenüber Satelliten hat, lesen Sie hier.

Was ist ein Spionage-Ballon? Funktion und Technik

Ein unbemannter Spionage-Ballon ist in den meisten Fällen mit einer hochauflösenden Kamera ausgerüstet, um Aufnahmen von militärischer oder anderer Infrastruktur zu machen. Gefüllt ist er mit einem Gas wie Helium, dass es ihm erlaubt, in einer Höhe von 24.000 bis 37.000 Metern zu operieren. Kommerzielle Flüge überschreiten 12.000 Meter so gut wie nie. Ein solcher Ballon stellt somit keine Gefahr für den Flugverkehr dar. Spionage-Ballon

Die technische Ausrüstung des Ballons wird durch Solarflächen mit Energie versorgt. Auf Bildern des chinesischen Spionage-Ballons sind diese gut zu sehen. Gesteuert wird der Ballon von einem Bordcomputer, der oft von einem Radar unterstützt wird. Der Computer berechnet die Winde und nutzt Druckluft, um den Ballon zu lenken.

Spionage-Ballons versus Spionage-Satelliten: Ein Schritt zurück?

"In den letzten Jahrzehnten waren Satelliten unerlässlich", erklärte John Blaxland, Professor für internationale Sicherheit und nachrichtendienstliche Studien, im Gespräch mit dem britischen "Guardian". Doch auch die Technik zur Abwehr von Spionagesatelliten habe sich verbessert. Laser und kinetische Waffen könnten die teuren Satelliten empfindlich stören.

Ballons seien im Gegensatz zu Satelliten billiger und leichter zu bergen. Letztere können nur durch aufwendige, hunderte Millionen Euro teure Abschussrampen in Position gebracht werden. Außerdem habe ein Spionageballon noch weitere Vorteile.

Ein von der israelischen Armee genutzter Überwachungsballon über dem Gazastreifen.
Ein von der israelischen Armee genutzter Überwachungsballon über dem Gazastreifen. © IMAGO / NurPhoto

Blaxland ergänzt, dass Ballons zwar nicht wie Satelliten eine permanente Überwachung ermöglichen, dafür aber aus geringerer Höhe präzisere Aufnahmen machen können. Ihre geringe Geschwindigkeit erlaubt es ihnen außerdem, länger über einem Gebiet zu bleiben. Lesen Sie auch den Kommentar: USA und China - Die Welt braucht keinen neuen Krieg

Ballons: Spionagetradition seit 200 Jahren

Schon 1794, während der französischen Revolutionskriege, setzte die französische Armee erstmals einen Aufklärungsballon. Ganz ohne Computertechnik waren die Fluggeräte damals noch bemannt. Auch später, im amerikanischen Bürgerkrieg und im deutsch-französischen Krieg, wurden sie vermehrt genutzt.

Im Ersten Weltkrieg erreichten sie den Höhepunkt ihrer Bedeutung. Aus der Luft konnten Ziele erkannt und anschließend von der eigenen Artillerie beschossen werden. Während des Kalten Krieges waren Spionage-Ballons ein Mittel, um feindliche Stellungen und nukleare Anlagen zu beobachten.

Spionage-Ballon über den USA: Ein neuer Rüstungswettkampf?

Verschiedene Experten bescheinigen dem aktuellen chinesischen Spionaflug nur einen geringen Nutzen. Höchstwahrscheinlich handelt es sich eher um eine Machtdemonstration der Chinesen, wie Verteidigungs- und Sicherheitsanalyst Michael Clarke auf "Sky News" erklärte. Lesen Sie dazu: Spionage-Provokation – Droht Krieg zwischen USA und China?

Zukünftig soll die obere Atmosphäre jedoch wieder eine verstärkte militärische Rolle spielen. Während der Weltraum schon lange als umkämpft gilt, beginnt auf halbem Wege ein neues Wettrennen. Ein Beispiel: Das britische Verteidigungsministerium erwarb erst im August Ballons im Wert von 100 Millionen Pfund.