Berlin. Die SPD-Politikerin Christine Lambrecht wird die neue Bundesjustizministerin. Sie tritt damit die Nachfolge von Katarina Barley an.

Für Christine Lambrecht könnte dieser Mittwoch nicht schöner verlaufen. Ausgerechnet an ihrem 54. Geburtstag setzt sie zu einem Karrieresprung an, den ihr viele in der SPD nicht zugetraut hätten. Die hessische Bundestagsabgeordnete wird nach Informationen unserer Redaktion neue Bundesjustizministerin und damit Nachfolgerin von Katarina Barley, die nach ihrer Spitzenkandidatur bei der Europawahl Anfang Juli ins Europaparlament wechselt.

Lambrecht ist derzeit Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium und war zuvor parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion. Der kommissarische SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel will Lambrecht um 15.00 Uhr im Willy-Brandt-Haus in Berlin vorstellen.

Lambrecht neue Justizministerin – Barley leitet Ministerium bis Vereidigung

Mit der Entscheidung für Lambrecht fährt die wankende SPD auf Sicht. Ein mutiger Schritt ist es nicht. Lambrecht stand auf den Favoritenlisten für die Barley-Nachfolge eher auf den hinteren Plätzen. Doch nach dem Rücktritt von Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles wurden die Karten neu gemischt.

Mögliche Kandidatinnen wie Stefanie Hubig, Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz und früherer unter Heiko Maas Staatssekretärin im Justizministerin, und Nancy Faeser, Generalsekretärin der Hessen-SPD und designierte Landeschefin, scheuten einen Wechsel ins Bundeskabinett. Denn wer weiß schon, wie lange die Koalition überhaupt noch hält?

Hubig und Faeser hätten jeweils ihre Landtagsmandate aufgeben müssen und wären bei einem vorzeitigen Ende der Bundesregierung nicht abgesichert gewesen. Lambrecht immerhin hat ein Bundestagsmandat. In der SPD wollen viele raus aus der GroKo, diese Entscheidung könnte auf einem Parteitag im Dezember oder früher fallen.

Barley-Nachfolge: Amt sollte von Frau besetzt werden

Klar war, dass es nach Barley wieder eine Frau wird. Die SPD vergibt die ihr zustehenden sechs Ministerposten in der Bundesregierung nach einer 50:50 Quote. Die Juristin Lambrecht ist anders als ihre Vorgängerin keine Politikerin, der Sympathien sofort zufliegen. 2013 beförderte sie der damalige Fraktionschef Thomas Oppermann zur parlamentarischen Geschäftsführerin.

Es war das erste Mal, dass eine Frau die Tagesgeschäfte der Bundestagsmannschaft führte. Lambrecht, die dem linken Flügel angehört, verschaffte sich intern Respekt. Abgeordnete berichten, ihre Management-Fähigkeiten, die verschiedenen Strömungen in Fraktion zusammenzuhalten, seien oft unterschätzt worden.

Bei öffentlichen Auftritten hat Lambrecht, die im kleinen Kreis sehr witzig und schlagfertig ist, sicher Luft nach oben. Die Messlatte liegt hoch. Barley, interner Spitzname „Happy Katarina“, war als Vorkämpferin für Mieter- und Verbraucherrechte gefragter Gast in vielen Talkshows. Bei der Europawahl brachte Barleys Popularität der SPD aber gar nichts – die Spitzenkandidatin hat den Absturz auf historisch schlechte 15,8 Prozent mitzuverantworten.

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und hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) direkt nach der Abstimmung Ende Mai um ihre Entlassung gebeten. Sie soll das Ministerium jedoch so lange leiten, bis ein Nachfolger vereidigt ist. Am 2. Juli beginnt Barleys Arbeit in Brüssel.

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ihre volle Aufmerksamkeit verlangen. Die Generalbundesanwaltschaft, die die Ermittlungen gegen den mutmaßlichen Mörder und Rechtsextremisten Stephan E. an sich gezogen hat, untersteht der Bundesjustizministerin.

Daneben muss Lambrecht sich um das Mega-Thema Mieten und Wohnen kümmern. Barley war da sehr aktiv, setzte gegen die Union eine verschärfte Mietpreisbremse durch. Auch will die SPD den in Berlin gerade eingeführten fünfjährigen Mietendeckel am liebsten bundesweit umsetzen.

Das ist das Bundeskabinett

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist am 14. März 2018 zum vierten Mal zur Regierungschefin gewählt worden. Auch ihr Bundeskabinett aus SPD-, CDU- und CSU-Ministern wurde vereidigt. Wir stellen das Kabinett vor.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist am 14. März 2018 zum vierten Mal zur Regierungschefin gewählt worden. Auch ihr Bundeskabinett aus SPD-, CDU- und CSU-Ministern wurde vereidigt. Wir stellen das Kabinett vor. © dpa | Gregor Fischer
Nach der Wahl im Bundestag wurde Merkel von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) zur Bundeskanzlerin ernannt.
Nach der Wahl im Bundestag wurde Merkel von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) zur Bundeskanzlerin ernannt. © Getty Images | Michele Tantussi
Ursula von der Leyen (CDU) bleibt Bundesverteidigungsministerin. Sie ist eine von drei Frauen aus der sechsköpfigen CDU-Ministerriege.
Ursula von der Leyen (CDU) bleibt Bundesverteidigungsministerin. Sie ist eine von drei Frauen aus der sechsköpfigen CDU-Ministerriege. © dpa | Wolfgang Kumm
Peter Altmaier (CDU) ist Wirtschaftsminister. Zuvor war der Merkel-Vertraute Bundesminister für besondere Aufgaben – der offizielle Name für den Posten, der kurz Kanzleramtsminister genannt wird.
Peter Altmaier (CDU) ist Wirtschaftsminister. Zuvor war der Merkel-Vertraute Bundesminister für besondere Aufgaben – der offizielle Name für den Posten, der kurz Kanzleramtsminister genannt wird. © imago/Metodi Popow | M. Popow
Anja Karliczek (CDU) ist Ministerin für Bildung und Forschung. Vor ihrer Vereidigung war sie Bundestagsabgeordente aus NRW.
Anja Karliczek (CDU) ist Ministerin für Bildung und Forschung. Vor ihrer Vereidigung war sie Bundestagsabgeordente aus NRW. © imago/photothek | Florian Gaertner/photothek.net
Jens Spahn (CDU) ist Gesundheitsminister. Zuvor war er parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium.
Jens Spahn (CDU) ist Gesundheitsminister. Zuvor war er parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium. © dpa | Kay Nietfeld
Julia Klöckner ist Landwirtschaftsministerin und gleichzeitig CDU-Vize sowie Mitglied im CDU-Bundesvorstand.
Julia Klöckner ist Landwirtschaftsministerin und gleichzeitig CDU-Vize sowie Mitglied im CDU-Bundesvorstand. © dpa | Andreas Arnold
Der CDU-Politiker Helge Braun, Jahrgang 1972, ist neuer Kanzleramtsminister.
Der CDU-Politiker Helge Braun, Jahrgang 1972, ist neuer Kanzleramtsminister. © imago/photothek | Inga Kjer/photothek.net
CSU-Chef Horst Seehofer, als bayerischer Ministerpräsident von seiner Partei nicht mehr gewollt, ist Innenminister. Die CSU handelte indes aus, dass das Innenministerium um die Bereiche Heimat und Bauen erweitert wird.
CSU-Chef Horst Seehofer, als bayerischer Ministerpräsident von seiner Partei nicht mehr gewollt, ist Innenminister. Die CSU handelte indes aus, dass das Innenministerium um die Bereiche Heimat und Bauen erweitert wird. © imago/IPON | Stefan Boness/Ipon
Die CSU stellt insgesamt drei Minister, darunter auch Andreas Scheuer, zuvor Generalsekretär seiner Partei: Der Politiker Jahrgang 1974 ist Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur.
Die CSU stellt insgesamt drei Minister, darunter auch Andreas Scheuer, zuvor Generalsekretär seiner Partei: Der Politiker Jahrgang 1974 ist Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur. © dpa | Kay Nietfeld
Gerd Müller (CSU) bekam seine Ernennungsurkunde als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ebenfalls von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Müller hatte das Amt auch schon im vorhergehenden Merkel-Kabinett inne.
Gerd Müller (CSU) bekam seine Ernennungsurkunde als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ebenfalls von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Müller hatte das Amt auch schon im vorhergehenden Merkel-Kabinett inne. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
Die SPD stellt insgesamt sechs Minister in der dritten großen Koalition unter Bundeskanzlerin Merkel. Olaf Scholz ist Finanzminister und der Vizekanzler. Der SPD-Politiker war zuvor Hamburgs Erster Bürgermeister und von 2002 bis 2004 SPD-Generalsekretär.
Die SPD stellt insgesamt sechs Minister in der dritten großen Koalition unter Bundeskanzlerin Merkel. Olaf Scholz ist Finanzminister und der Vizekanzler. Der SPD-Politiker war zuvor Hamburgs Erster Bürgermeister und von 2002 bis 2004 SPD-Generalsekretär. © imago/IPON | Stefan Boness/Ipon
Heiko Maas (SPD) ist in Merkel Kabinett Außenminister. Im Kabinett Merkel III hatte er zuvor das Amt des Justizministers inne.
Heiko Maas (SPD) ist in Merkel Kabinett Außenminister. Im Kabinett Merkel III hatte er zuvor das Amt des Justizministers inne. © dpa | Michael Kappeler
Hubertus Heil, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, ist Arbeits- und Sozialminister und bekam die entsprechende Urkunde vom Bundespräsidenten.
Hubertus Heil, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, ist Arbeits- und Sozialminister und bekam die entsprechende Urkunde vom Bundespräsidenten. © Getty Images | Michele Tantussi
Franziska Giffey (SPD), zuvor Bezirksbürgermeisterin in Berlin-Neukölln, ist die neue Familienministerin.
Franziska Giffey (SPD), zuvor Bezirksbürgermeisterin in Berlin-Neukölln, ist die neue Familienministerin. © dpa | Karlheinz Schindler
Svenja Schulze (SPD), bisher Generalsekretärin der NRW-SPD, hat nun den Posten als Umweltministerin inne.
Svenja Schulze (SPD), bisher Generalsekretärin der NRW-SPD, hat nun den Posten als Umweltministerin inne. © dpa | Rolf Vennenbernd
Und das sind die Staatsminister: SPD-Politiker Michael Roth ist Staatsminister für Europaangelegenheiten im Auswärtigen Amt.
Und das sind die Staatsminister: SPD-Politiker Michael Roth ist Staatsminister für Europaangelegenheiten im Auswärtigen Amt. © Getty Images | Carsten Koall
Die CSU-Politikerin Dorothee Bär ist Staatsministerin für Digitales und im Kanzleramt angesiedelt.
Die CSU-Politikerin Dorothee Bär ist Staatsministerin für Digitales und im Kanzleramt angesiedelt. © dpa | Karlheinz Schindler
SPD-Politikerin Katarina Barley übernahm zunächst das Justizministerium. Nach der Europawahl wechselt sie allerdings nach Brüssel.
SPD-Politikerin Katarina Barley übernahm zunächst das Justizministerium. Nach der Europawahl wechselt sie allerdings nach Brüssel. © imago/Reiner Zensen | Reiner Zensen
Neue Bundesjustizministerin wird Christine Lambrecht (SPD). Sie war zuvor parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion.
Neue Bundesjustizministerin wird Christine Lambrecht (SPD). Sie war zuvor parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion. © imago/Metodi Popow | M. Popow
Monika Grütters (CDU) bleibt Kulturstaatsministerin.
Monika Grütters (CDU) bleibt Kulturstaatsministerin. © Getty Images | Pascal Le Segretain
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering, Frau des früheren SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering, ist Staatsministerin für internationale Kulturpolitik.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering, Frau des früheren SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering, ist Staatsministerin für internationale Kulturpolitik. © dpa | Kay Nietfeld
Feierlicher Termin am 14. März 2018 im Schloss Bellevue in Berlin (v.l.n.r.): Helge Braun (CDU), Gerd Müller (CSU), Anja Karliczek (CDU), Jens Spahn (CDU), Katarina Barley (SPD, inzwischen nach Brüssel gewechselt), Julia Klöckner (CDU), Ursula von der Leyen (CDU), Heiko Maas (SPD), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Olaf Scholz (SPD), Horst Seehofer (CSU), Peter Altmaier (CDU), Hubertus Heil (SPD), Franziska Giffey (SPD), Andreas Scheuer (CSU) und Svenja Schulze (SPD).
Feierlicher Termin am 14. März 2018 im Schloss Bellevue in Berlin (v.l.n.r.): Helge Braun (CDU), Gerd Müller (CSU), Anja Karliczek (CDU), Jens Spahn (CDU), Katarina Barley (SPD, inzwischen nach Brüssel gewechselt), Julia Klöckner (CDU), Ursula von der Leyen (CDU), Heiko Maas (SPD), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Olaf Scholz (SPD), Horst Seehofer (CSU), Peter Altmaier (CDU), Hubertus Heil (SPD), Franziska Giffey (SPD), Andreas Scheuer (CSU) und Svenja Schulze (SPD). © dpa | Bernd von Jutrczenka
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Lambrecht wird Amt in kommender Woche antreten

Offiziell wird Lambrecht ihr neues Amt erst in der kommenden Woche antreten. Von Montag bis Freitag tagt der Bundestag zum letzten Mal vor der Sommerpause, dann kann Lambrecht vereidigt werden und im Schloss Bellevue ihre Ernennungsurkunde von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bekommen.

Die Kanzlerin kennt Lambrecht schon länger. Als Vertreterin von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) saß sie oft genug direkt neben Merkel auf der Regierungsbank.