Braunschweig. Das Unternehmen ist spezialisiert auf digitale Kommunikation. Eine eigene Daten-Software soll für weiteres Wachstum sorgen.

Bin ich praktisch veranlagt oder doch eher ein Büromensch? Habe ich Talent, mit Maschinen umzugehen? Wie sieht es überhaupt in einer Werkstatt aus? Diese und noch viel mehr Fragen stellen sich junge Menschen, die vor der Berufswahl stehen. Und fast automatisch kommt dann von Eltern und Lehrern der immer noch richtige Tipp: Mach doch mal ein Praktikum. Das Bildungswerk der bayerischen Wirtschaft ist noch weiter gegangen und hat ein virtuelles Praktikum entwickeln lassen. Und zwar in Braunschweig.

Das Prinzip: Die Jugendlichen setzen eine VR-Brille auf, mit der sie in eine virtuelle Welt, das Metaversum, eintauchen. In diesem Fall ist es etwa eine Werkstatt, in der sie Maschinen bedienen können. Geschaffen wurde diese virtuelle Welt von der Braunschweiger B12-Gruppe. Das Unternehmen hat sich auf digitale Kommunikation spezialisiert, um es stark vereinfacht zu beschreiben.

B12-Gruppe beschäftigt 92 Menschen

2009 sei Studio B12 gegründet worden, 2013 das Tochterunternehmen B12 Touch, erläutert Peter Werner, (47), einer von vier Geschäftsführern. Die B12 Gruppe beschäftigte 92 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Darunter Texter, Designer, Entwickler und Berater. Zu den Kunden der Braunschweiger gehören nach Angaben Werner Konzerne wie VW und Siemens und auch große Mittelständler.

Das Geschäftsmodell der Gruppe lässt sich in drei Bereiche einteilen. Für zwei von ihnen ist Studio B12 zuständig. Zum ersten Bereich zählen Kommunikationskampagnen, etwa um die Kunden der Auftraggeber langfristig zu binden. Als Beispiel nennt Werner die After-Sales-Kommunikation von Volkswagen, also den digitalen Kontakt des Autobauers mit seinen Kunden im Internet, wenn es um Service, Ersatzteile und Zubehör geht.

B12 kümmert sich um Texte, Bilder, Videos

Die entsprechenden Texte, Bilder und Videos seien bei Studio B12 beauftragt worden, das Unternehmen kümmere sich auch um die Pflege der Internetseite. Das Gesamtkonzept sei Vorbild für den Internetauftritt des Autobauers in 130 Märkten. Je nach Bedarf könnten die dortigen VW-Verantwortlichen auf die einzelnen Bausteine zurückgreifen.

Im zweiten Bereich geht Studio B12 im Grad der Digitalisierung noch einen Schritt weiter. Hier dreht sich alles um virtuelle Welten, das Metaversum, sowie die Kombination aus virtueller und realer Welt, die sogenannte Augmented Reality. Nach Angaben Werners werden diese Anwendungen vor allem für die Kommunikation zwischen Unternehmen entwickelt.

Ein digitaler Zwilling vermeidet Reisen

Als Beispiel nennt er den Vertrieb großer und schwerer Maschinen. Bevor ein Kunde zum Beispiel von Übersee nach Deutschland reisen muss, könne er die Maschine zuvor in der digitalen Welt begutachten und sogar die Produktion nachvollziehen. Dazu wird die Maschine in die virtuelle Welt transferiert und mit Texten, Bildern, Videos und mündlichen Erläuterungen ergänzt. Es entsteht quasi ein digitaler Zwilling der Maschine für das Marketing.

Ein weiteres Beispiel ist eine Ausstellungsfläche – auf Neudeutsch Showroom – von Siemens in Erlangen. Dort zeigt das Unternehmen seine Lösungen zu Digitalisierung und Automatisierung. Dabei geht es um künstliche Intelligenz, digitale Zwillinge und das Industrie-Metaversum. Für das Konzept, das Design und die technische Umsetzung des virtuellen Showrooms ist die B12-Gruppe verantwortlich. Verknüpft werden echte Maschinen und digitale Informationen.

Software von B12 sammelt und ordnet Daten

Das Tochterunternehmen B12 Touch betreut den dritten Geschäftszweig der Gruppe. Sie hat eine Software entwickelt, ein sogenanntes Content-Management-System, die Daten der Kunden sammelt, ordnet und für verschiedene Anwendungen zur Verfügung stellt - zum Beispiel auf unterschiedlichen Endgeräten. Geschäftsführer Torsten Prenzler (48) nennt als Kunden ebenfalls VW und Siemens.

Um Licht in diesen Dschungel des schwer Greifbaren zu bringen, nennt Prenzler sogenannte Aufsteller als Beispiel. Die werden bei VW-Händlern aufgestellt und liefern über ein Display, einen kleinen Bildschirm, für Besucher des Autohauses Informationen über die ausgestellten Fahrzeuge. Diese Informationen würden nicht standardisiert angezeigt, sondern könnten von den Interessenten gezielt abgerufen werden. Das Spektrum reicht von technischen Anhaben über Ausstattungsvarianten bis hin zu Finanzierungsmodellen.

Künstliche Intelligenz wird auch für B12 wichtiger

Das mag zwar zunächst banal klingen, doch Prenzler verdeutlicht die Herausforderung: So unterschieden sich Preis und Ausstattung von Markt zu Markt, zudem gebe es für ein Auto im Schnitt etwa 15.000 Datensätze. Soll heißen: Die von B12 Touch entwickelte Plattform hat ordentlich zu sortieren und zu rechnen.

Nach Angaben beider Geschäftsführer gewinnt auch für die B12-Gruppe künstliche Intelligenz zunehmend an Bedeutung. Sie leiste zum Beispiel momentan die Vorarbeit, wenn es um das Verfassen von Texten oder um Bilder gehe. „So werden wir schneller und flexibler“, sagt Werner. Eine Mitarbeiterin sei nur damit beauftragt, die Entwicklung der Technik ständig zu verfolgen und Anwendungen für das Unternehmen abzuleiten. In gleichem Maß, wie sich künstliche Intelligenz ausbreite, steige der Beratungsbedarf für die B12-Kunden. Dabei gehe es auch darum, den einen oder anderen von zu hoch fliegenden und damit unrealistischen Plänen abzubringen.

Nach Angaben Werners wachsen die Umsätze der B12-Gruppe beständig. Im vergangenen Jahr seien 8 Millionen erwirtschaftet worden. Er und Prenzler formulieren Wachstumserwartungen. Dafür sollen einerseits neue Großkunden sorgen. Andererseits will das Unternehmen seine Plattform, das Content Management System, anderen Agenturen zur Verfügung stellen – gegen eine Lizenzgebühr.

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