Braunschweig. 50 Unternehmen aus unserer Region gründen ein Netzwerk zu künstlicher Intelligenz. Der Anstoß dazu kommt vom Arbeitgeberverband.

Künstliche Intelligenz (KI) ist längst kein Nischenthema mehr. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts nutzt inzwischen jedes achte Unternehmen in Deutschland diese Technik. Ein bekanntes Programm für sogenannte generative künstliche Intelligenz ist Chat GPT. Der Zusatz „generativ“ bedeutet, dass auf Basis von Daten neue Inhalte wie zum Beispiel Texte oder Fotos von dem Programm generiert werden. Der Arbeitgeberverband Region Braunschweig (AGV) hat nun ein Netzwerk gegründet, in dem sich Unternehmen aus unserer Region zum Thema KI austauschen.

Wie AGV-Hauptgeschäftsführer Lars Alt im Gespräch mit unserer Zeitung erläutert, haben sich etwa 50 Unternehmen dem Netzwerk angeschlossen. Die offizielle Gründung soll am 13. Dezember erfolgen. Zur Zielsetzung sagt Alt: „Unsere Mitgliedsunternehmen sollen Kooperationspartner werden.“ Und zwar im Sinne des Austauschs von Erfahrungen und Wissen. Die Netzwerkmitglieder haben also die Chance, voneinander zu lernen. Nach seiner Einschätzung ist KI „die entscheidende Technik unserer Zeit“.

KI ist ein „perfekter Sturm“

Dirk Bode, Chef des Braunschweiger IT-Unternehmens FME AG und zugleich stellvertretender Vorstandsvorsitzender des AGV, vergleicht das rasante Verbreiten der KI-Anwendungen mit einem „perfekten Sturm“. Im Sinne von maximaler Unwetterenergie mit hohem Schadenspotenzial – wenn sich die Unternehmen nicht wappnen.

Thorsten Sponholz (von links), Lars Alt und Dirk Bode sind die
Thorsten Sponholz (von links), Lars Alt und Dirk Bode sind die "Gründerväter" des Netzwerks künstliche Intelligenz in unserer Region. © Andreas SChweiger/FMN | Andreas Schweiger

Anders als bei anderen Technologiesprüngen benötige KI keinen Vorlauf, etwa für den Aufbau einer Infrastruktur. Die Eisenbahn benötigte ein Schienennetz, die Elektrizität ein Stromnetz, das Internet ein Datennetz, bevor sie sich durchsetzen. KI dagegen könne auf die vorhandene Infrastruktur aufsetzen und verbreitet sich daher rasend schnell.

Das Einsatzspektrum von KI ist groß

Als den von ihm genannten „Sturmschaden“ betrachtet Bode in erster Linie nicht durch die neue Technik produzierte falsche Informationen, sondern Wettbewerbsnachteile, die Unternehmen entstehen können, wenn sie den Einzug von KI versäumen oder sie falsch anwenden.

Der zielgerichtete Einsatz vonKI böte – über den Daumen gepeilt – Effizienzgewinne von 10 bis 15 Prozent. Und die stehen für Zeit- und „Kostenersparnis. Jeder bastelt an der Technik rum“, sagt Bode. Das Einsatzspektrum sei groß. Als Beispiele nennt er das Marketing und damit das Erstellen von Websites und Werbebotschaften. Ein weiteres Einsatzgebiet sei die Softwareentwicklung. Und auch in Medienhäuser zieht KI zunehmend ein.

KI kann für große Zeiterspanis sorgen

Thorsten Sponholz, Sprecher der Betriebsleitung bei Siemens Mobility in Braunschweig und Vorstandschef der Gruppe Braunschweig im Arbeitgeberverband Niedersachsenmetall, nennt als weitere Beispiele die technische Entwicklung und das Erstellen von Angeboten in der Bahnbranche. Nach seinen Worten benötigte ein Team bisher eine Woche, um ein maßgeschneidertes Angebot vorzubereiten, das alle technischen Anforderungen eines Kunden berücksichtige. Die KI erledige diese Arbeit binnen weniger Stunden.

Vorteile der KI sieht Sponholz nicht nur in der Zeitersparnis, sondern auch in der Genauigkeit und Systematik der Technik. Der Siemens-Manager betont aber auch: Die Endabnahme der von KI generierten Inhalte und Angebote obliege bei Siemens einem menschlichen Mitarbeiter. Er sieht KI daher eher als eine Art Co-Piloten, der unangenehme Fleißarbeiten übernehme.

KI benötigt für korrekte Ergebnisse korrekte Daten

Sponholz warnt davor, KI unvorbereitet einzusetzen. Zunächst müsse die Technik verstanden oder der genaue Einsatzzweck identifiziert werden. Zudem müssten die firmeneigenen Daten vor dem KI-Einsatz „strukturiert“ werden, ergänzt Bode. Gemeint ist damit vor allem, dass die von der KI verwendeten Daten inhaltlich absolut korrekt sind. Sonst entsteht Chaos.

Sowohl Bode als auch Sponholz sind überzeugt davon, dass der Einsatz von KI zu einer Diskussion um ethische Standards führt „und führen muss“, wie sie unterstreichen. Dabei geht es im Kern um die Frage, wie viel „Macht“ der Mensch an die KI abgibt. Denn die lernt mit jedem Einsatz quasi dazu. Auch dadurch besteht die Gefahr, dass die Technik von professionellen Kriminellen oder sogenannten Schurkenstaaten zu ihren Zwecken missbraucht wird. Daher wird sich das nun neu gegründete KI-Netzwerk in unserer Region auch zu diesen Fragen austauschen.

Die Treffen sollen jeweils rotierend bei einem der Netzwerk-Mitglieder stattfinden. Die Gastgeber bieten Einblicke in ihren KI-Einsatz, immer wieder sollen Fachreferenten Updates und frische Gedanken zur Technik liefern. Wer sich als Unternehmen für das Netzwerk interessiert, kann nach Angaben von AGV-Hauptgeschäftsführer Alt Kontakt mit dem Verband aufnehmen.