Braunschweig. Auch Fälle von VW Sachsen sind jetzt in Braunschweig anhängig. Das ist laut Direktor Bertram ungewöhnlich: „Hab ich noch nicht erlebt.“

Volkswagen hat ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Januar zur Vergütung von Betriebsräten zum Anlass genommen, zahlreichen Arbeitnehmervertretern das Gehalt zu kürzen. Damit will sich der Autobauer vor dem Verdacht der Untreue wegen Betriebsratsbegünstigung schützen. Viele der Betriebsräte klagen nun gegen diese Kürzung. Allein am Arbeitsgericht Braunschweig sind inzwischen rund 55 Verfahren anhängig, wie es auf Anfrage erklärte.

Das Gericht ist eigentlich nur für die Betriebsräte an den VW-Standorten Wolfsburg, Salzgitter und Braunschweig zuständig. Doch nun haben auch die Streitparteien der VW Sachsen GmbH mit den Standorten Zwickau, Chemnitz und Dresden beschlossen, den Gerichtsstand Braunschweig zu wählen, also eine sogenannte Gerichtsstandsvereinbarung geschlossen. „Das ist sehr ungewöhnlich, in 20 Jahren habe ich es noch nicht erlebt“, erklärt Lutz Bertram, Direktor des Arbeitsgerichts Braunschweig.

Gericht ist der Mehrbelastung gewachsen

Die 17 neu aus Sachsen hinzugekommenen Verfahren seien nicht „unaufwendig“ und sind wohl eine Mehrbelastung für das Gericht, es sei dem aber gewachsen. Der Vorteil für die Streitparteien liegt auf der Hand: Den Kammern des Arbeitsgerichts in Braunschweig ist das Streitthema bereits hinlänglich bekannt. In Braunschweig wurden zudem laut Betriebsrat bereits zwei Fälle im Sinne der Arbeitnehmervertreter entschieden, ein Verfahren endete demnach in einem Vergleich. Für den Vertreter Volkswagens bei Gericht dürfte außerdem die Anfahrt aus Wolfsburg nach Braunschweig deutlich kürzer sein.

Lesen Sie mehr dazu:

Am Arbeitsgericht sind alle sieben Kammern mit den Verfahren beschäftigt. Es sei aber längst nicht jeder Fall wie der andere. So unterschieden sich die Verfahren zum Beispiel in den jeweiligen Karrieren der Betriebsräte, in den Anträgen der Streitparteien sowie grundsätzlich im Verfahren. Die meisten würden als Klageverfahren geführt, es gebe aber auch Beschlussverfahren. Bei den Klageverfahren geht es um die Rückzahlung des entgangenen Gehalts, bei Beschlussverfahren um grundsätzliche betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

Wegen Diesel-Skandal änderte Gericht interne Zuständigkeiten

Bis zu diesem Jahr waren die Kammern des Gerichts für bestimmte Gerichtsbezirke zuständig, zwei etwa für Stadt Wolfsburg. Weil das aber intern zum Beispiel aufgrund der vielen arbeitsrechtlichen Verfahren im Zusammenhang mit dem Diesel-Betrug bei VW für Unwuchten sorgte, sind seit diesem Jahr alle Kammern für alle Städte und Landkreise im Bezirk zuständig.

Allerdings waren die arbeitsrechtlichen Verfahren im Diesel-Skandal deutlich strittiger zwischen den Parteien als die nun verhandelten Verfahren zur Betriebsratsvergütung. Denn beide Streitparteien sind sich in ihrer Rechtsauffassung eigentlich einig. Doch Volkswagen sieht sich durch das BGH-Urteil mehr oder weniger dazu gezwungen, die Vergütung der Arbeitnehmervertreter zu kürzen. Nach wie vor ist nicht abschließend juristisch geklärt, welche Vergütung für Betriebsräte angemessen ist.