München. Beim Mutterkonzern von Sport 1 regiert das Chaos. Vor allem zwei Rücktritte an der Spitze erschüttern nun die Constantin Medien AG.

Es ist kurz nach nach zwölf, vor dem Versammlungssaal wird bereits das Mittagessen serviert, als es einigen Aktionären der Constantin Medien AG zu bunt wird. Zwei von ihnen bauen sich vor Fred Kogel auf. „Frechheit!“ brüllt einer. Eben haben sie via Smartphone erfahren, dass der Vorstandsvorsitzende des Konzerns, zu dem der Sender Sport 1 gehört, zurückgetreten ist.

Kurz zuvor hatte Kogel auf der Hauptversammlung des Unternehmens kein Wort über seinen bevorstehenden Rücktritt verloren. Das ärgert die Aktionäre. Nach Kogels Rede aber noch vor der Smartphone-Entdeckung der Anteilseigner hatte Dieter Hahn, einer von zwei Hauptgesellschaftern der Constantin Medien und ihr Aufsichtsvorsitzender, seinen Rücktritt und den des gesamten Aufsichtsrats erklärt.

Constantin auch für „Hack ju Göhte“ verantwortlich

Es ging hoch her auf dieser Hauptversammlung, wobei das bei Constantin Medien inzwischen Tradition hat. Verglichen mit den beiden vorangegangen Aktionärstreffen, die im Tumult endeten, ging es diesen Mittwoch in München geradezu ruhig zu. Grund für das nicht enden wollende Chaos bei dem verschachtelten Konzern, dem der Sender Sport 1, ebenso gehört wie die Produktionsgesellschaft Constantin Film („Fack ju Göhte“, „Der Untergang“, „Das Parfüm“) sowie der Sportrechtehändler Team, der für die UEFA die Champions League vermarktet, ist seine Aktionsstruktur.

Der bisherige Aufsichtsratschef Hahn und der Schweizer Kaufmann Bernhard Burgener, die jeweils etwa 30 Prozent der Anteile halten, bekriegen sich bis aufs Blut. Bei der letzten Hauptversammlung im November 2016 ließ der von Hahn als Versammlungsleiter eingesetzte Anwalt Franz Enderle mal eben Burgener und seiner Entourage das Stimmrecht entziehen. Die Sache ist mittlerweile ein Fall fürs Gericht.

Hahn wollte Sport 1 zwischenzeitlich verkaufen

Der Zwist begann, als Hahn sich entschloss, die Constantin Film verkaufen zu wollen, um sich ganz auf das Sportgeschäft zu konzentrieren. Burgener war strikt gegen diesen Schritt und blockierte Hahn fortan, wo immer er konnte. Das gelang ihm auch deshalb recht gut, da das Filmgeschäft bei der Zwischenholding Highlight Communications angesiedelt ist, das von ihm beherrscht wird.

Da er die Constantin Film nicht veräußern konnte, vollzog Hahn eine 180-Grad-Wende. Im Juni wurde bekannt, dass er nun Sport 1 verkaufen will. Gespräche mit der Pay-TV-Plattform Sky und dem Medienhaus Axel Springer scheiterten offenbar an den Preisvorstellungen Hahns. Die hoch verschuldete Constantin Medien benötigt jedoch dringend Liquidität. Im April wird ein Darlehen über 65 Millionen Euro fällig. Wie es zurückgezahlt werden soll, weiß derzeit niemand.

Aktionäre sprechen von „Schmierentheater“

Vor diesem Hintergrund, ergibt Hahns Rücktritt Sinn. Er selbst macht dafür die Blockadehaltung Burgeners verantwortlich. Kogel wiederum erklärte nach den Protesten der Aktionäre, er habe sich erst zum Rücktritt entschlossen, nachdem Hahn auf offener Bühne seine Demission verkündete. Deshalb habe er sich nicht bereits in seiner Rede vor den Anteilseignern erklären können.

Die Richtigkeit dieser Darstellung wurde aber von vielen Aktionären bestritten. Sie sprachen von einem „Schmierentheater“. Wie hätte Kogel, der während der gesamten Hauptversammlung auf dem Podium saß, mal eben eine Adhoc-Meldung zu seinem Rücktritt verfassen und an die Medien schicken können, fragten sie.

Jeder kämpft mit allen Mitteln

Burgener sagte in einer kurzen Erklärung, seine Highlight Communications sei bereit, die Anteile Hahns an der Constantin Medien zu übernehmen. Dies sie aber nur möglich, wenn der Konzern nicht länger die im Juni beschlossene Kapitalerhöhung der Highlight Communications blockiere.

Wie es mit dem Konzern weitergeht, ist ungewiss. Wahrscheinlich ist, dass nun Vertraute Burgeners in den Aufsichtsrat gewählt werden. Nicht jeder unabhängige Aktionär findet das gut. Denn auch Burgener kämpft mit allen Mitteln, wenn es um seinen Einfluss im Konzern geht. Einige Aktionärsvertreter plädierten dafür, zwei der Aufsichtsratsmandate für unabhängige Experten zu reservieren. Auch von Schadensersatzansprüchen gegen die Hauptgesellschafter, den Aufsichtsrat und den Vorstand war in den Beiträgen der Anteilseigner die mehrfach die Rede.

So oder so kann Burgener womöglich künftig bei Constantin Medien durchregieren. Allerdings wird das nur möglich sein, sobald Hahn bereit ist, seine Anteile zu verkaufen. Noch ist nicht absehbar, ob und wenn ja, wann das geschehen wird. Auf der Hauptversammlung versuchten jedenfalls Hahns Vertraute auch nach dessen Rücktrittserklärung, Burgeners Kandidaten für den Aufsichtsrat in ihren Redebeiträgen wegen vermeintlicher Interessenskonflikte nach Kräften zu diskreditieren.