Washington/Dallas. Der Mobilfunkanbieter kauft das Medienunternehmen Time Warner. Mit exklusiven Filminhalten will das Unternehmen seine Kunden ködern.

Randall Stephenson sitzt im Vorstand von Amerikas Pfadfindern und verehrt den für seine Prinzipienfestigkeit berühmt gewordenen britischen Kriegs-Premierminister Winston Churchill. Allzeit bereit zu sein, und das unbeirrbar entschlossen, ist für den 56-jährigen Chef des zweitgrößten amerikanischen Telekommunikationsanbieters AT&T darum fast wie eine zweite Haut.

Ab sofort steht er vor seiner größten Prüfung. Durch die auf insgesamt 109 Milliarden Dollar, das entspricht 100 Milliarden Euro, taxierte Übernahme des Unterhaltungs-Giganten Time Warner will Stephenson mit AT&T zum wichtigsten Mitspieler auf dem zunehmend von Videos, Filmen und Fernsehserien dominierten US-Unterhaltungsmarkt werden.

Nachrichten und Filme als Köder

Die Telefon-Gesellschaft will ihre drahtlosen Netze mit exklusiv zugekauftem Inhalt aufwerten, um Kunden an sich zu binden. Gemeinsam könnte der Koloss 142 Millionen Handykunden und 45,5 Millionen Kabelfernseh-Kunden auf AT&T-Seite mit hochwertigen Time-Warner-Inhalten versorgen. Das sind Nachrichten des Senders CNN, Hollywood-Filme wie „Harry Potter“ und „Batman“ sowie erfolgreiche TV-Serien wie „Game of Thrones“ und „The Sopranos“, des von 130 Millionen Kunden weltweit gebuchten Kanals HBO.

Time Warner, unter den Filmstudios mit 1,5 Milliarden Dollar Umsatz an den Kinokassen in diesem Jahr die Nr. 2 hinter Disney, bringt außer dem Cartoon Network die Sender TBS, TNT und mehrere Sport-Kanäle in die Ehe ein. Plus eine substanzielle Beteiligung an Hulu, einem Konkurrenten des Streamingdienst-Marktführers Netflix.

Regierungskommission muss noch entscheiden

Aber noch ist nichts in trockenen Tüchern. Die Regierungskommission für Kommunikation und das Justizministerium werden in den kommenden zwölf Monate „intensive kartellrechtliche Prüfungen anstellen“, heißt es aus Regierungskreisen in Washington.

Noch ist unklar, ob die Aufseher die massiven Bedenken des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump teilen. Der Milliardär hat für den Fall seiner Wahl ein Veto gegen die größte Unternehmensverschmelzung dieses Jahres angekündigt: „Zu viel Marktmacht in den Händen weniger, schlecht für unsere Demokratie“, sagte Trump am Samstag.

Auflagen sind denkbar

Sollte Hillary Clinton ins Weiße Haus einziehen, ist ebenfalls kein reibungsloses Zusammengehen garantiert. Die Demokratin hat sich für die Stärkung von Verbraucherrechten und die Eingrenzung der Macht von Mega­konzernen ausgesprochen. US-Kommentatoren rechnen deshalb mit „erheblichen Auflagen“ für AT&T. Das Klima für Unternehmensfusionen habe sich „abgekühlt.“

Nachdem sich der Anbieter für Kabelfernsehen Comcast bereits vor fünf Jahren das NBC-Imperium mit TV-Sendern und den Universal-Filmstudios einverleibt hatte, stellt der AT&T-Time-Warner-Deal die nächste Stufe einer enormen Marktverdichtung dar. Firmen-Chef Stephenson nennt das die „TV-überall-Strategie“.