Caracas. Die Folgen von „Harvey“ werden immer drastischer. Die Schäden gehen in die Milliarden. Nun gab es Explosionen in einer Chemiefabrik.

  • In den USA wird Tropensturm „Harvey“ zwar schwächer, aber die Gefahr bleibt
  • Eine Chemiefabrik in Texas ist nach den Überschwemmungen explodiert
  • Vielerorts steigt zudem das Wasser, in einer Stadt fiel die Wasserversorgung aus

In einer unter Wasser stehenden Chemiefabrik in der Nähe der texanischen Metropole Houston haben sich Explosionen ereignet. Zwei Detonationen seien in der Anlage in Crosby zu hören gewesen, teilte der französische Konzern Arkema am Donnerstag mit. Schwarzer Rauch steige über der Fabrik auf. Es bestehe die Gefahr weiterer Explosionen.

Wassermassen umgeben den Petrochemie-Konzern Arkema in Crosby nahe der texanischen Hauptstadt Houston. Was dort lagert, muss kühl gehalten werden, um nicht zu explodieren.
Wassermassen umgeben den Petrochemie-Konzern Arkema in Crosby nahe der texanischen Hauptstadt Houston. Was dort lagert, muss kühl gehalten werden, um nicht zu explodieren. © dpa | Godofredo A. Vasquez

Zuvor hatte das Unternehmen erklärt, in den Produktionshallen stehe nach dem Tropensturm „Harvey“ das Wasser fast zwei Meter hoch. Dadurch seien die Kühlsysteme ausgefallen. Wegen steigender Temperaturen war deshalb damit gerechnet worden, dass es zu einer massiven Detonation und einem Großfeuer kommt. In der Fabrik werden organische Peroxide unter anderem für Farben hergestellt. Anwohner im Umkreis von zwei Kilometern waren bereits am Mittwoch in Sicherheit gebracht worden.

Nach Angaben der örtlichen Polizeibehörden wurde ein Polizist verletzt, weil er von dem Werk kommenden Rauch eingeatmet hatte. Neun weitere fuhren aus Vorsicht ins Krankenhaus.

Ausnahmezustand in Texas

In Teilen von Texas herrscht der Ausnahmezustand, nachdem der Tropensturm „Harvey“ sintflutartige Regenfälle in die Gegend um die Millionenmetropole Houston gebracht hat, die für heftige Überschwemmungen sorgten. Inoffizielle Schätzungen gingen von mehr als 20 Todesopfern aus, der Sender CNN etwa sprach von mindestens 27. Rettungskräfte bargen in den vergangenen Tagen rund 8500 Menschen in Texas aus ihren Häusern; mehr als 30.000 suchten Zuflucht in Notunterkünften.

Obwohl „Harvey“ inzwischen an Stärke verloren hat, kämpften die texanischen Städte Beaumont und Port Arthur weiter mit steigendem Wasser – dort fielen innerhalb von 24 Stunden 66 Zentimeter Regen pro Quadratmeter. Nach Angaben der Behörden brach in Beaumont die Wasserversorgung zusammen, nachdem die zentrale Pumpanlage dem Druck eines angeschwollenen Flusses nachgegeben hatte. Die Versorgung könne erst wieder hergestellt werden, wenn der Wasserpegel sinke. In Port Arthur musste die größte Ölraffinerie der USA geschlossen werden.

Mehr als 125 Milliarden Dollar für Wiederaufbau

Am Mittwoch zog der Sturm durch Louisiana. Dort traten die Flüsse Calcasieu und Sabine Rivers in einigen Gegenden über die Ufer. Straßen mussten wegen Überflutungen gesperrt werden. Louisiana schien am Mittwoch aber zunächst von dem Schlimmsten verschont zu bleiben. Gouverneur John Bel Edwards erklärte, die Lage sei ernst, aber man stehe bislang besser dar, als es befürchtet worden war. Am Donnerstag soll der Tropensturm den Bundesstaat Mississippi erreichen. Auch Tennessee und Kentucky rüsteten sich für mögliche Überschwemmungen.

Donald Trump besucht das Krisengebiet

US-Präsident Donald Trump ist am Dienstag nach Texas gereist. Dort verschaffte er sich einen Überblick über die Lage nach Hurrikan „Harvey“.
US-Präsident Donald Trump ist am Dienstag nach Texas gereist. Dort verschaffte er sich einen Überblick über die Lage nach Hurrikan „Harvey“. © REUTERS | CARLOS BARRIA
An Donald Trumps Seite: First Lady Melania.
An Donald Trumps Seite: First Lady Melania. © dpa | Evan Vucci
Trump und seine Frau besuchen das vom Tropensturm „Harvey“ betroffenen Krisengebiet von Texas und des Nachbarstaates Louisiana.
Trump und seine Frau besuchen das vom Tropensturm „Harvey“ betroffenen Krisengebiet von Texas und des Nachbarstaates Louisiana. © REUTERS | CARLOS BARRIA
Viele Menschen hatten sich vor dem Firehouse 5 versammelt, in dem sich der US-Präsident von Texas Gouverneur Greg Abbott auf den neuesten Stand bringen ließ.
Viele Menschen hatten sich vor dem Firehouse 5 versammelt, in dem sich der US-Präsident von Texas Gouverneur Greg Abbott auf den neuesten Stand bringen ließ. © REUTERS | CARLOS BARRIA
Trump dankte den Rettungskräften und den Vertretern örtlicher Behörden für ihre Leistungen im Kampf gegen die Fluten. Es sei jedoch noch zu früh, sich gegenseitig zu gratulieren. „Das tun wir erst, wenn es vorbei ist“, sagte der Präsident.
Trump dankte den Rettungskräften und den Vertretern örtlicher Behörden für ihre Leistungen im Kampf gegen die Fluten. Es sei jedoch noch zu früh, sich gegenseitig zu gratulieren. „Das tun wir erst, wenn es vorbei ist“, sagte der Präsident. © REUTERS | CARLOS BARRIA
Vor dem Abflug nach Texas zeigte sich Melania Trump am Weißen Haus noch mit Sonnenbrille, Bomberjacke ...
Vor dem Abflug nach Texas zeigte sich Melania Trump am Weißen Haus noch mit Sonnenbrille, Bomberjacke ... © dpa | Jacquelyn Martin
... und High Heels.
... und High Heels. © REUTERS | CARLOS BARRIA
Bei ihrer Ankunft in Corpus Christi (Texas) hatte sie die hohen Hacken gegen bequeme Sneaker getauscht.
Bei ihrer Ankunft in Corpus Christi (Texas) hatte sie die hohen Hacken gegen bequeme Sneaker getauscht. © dpa | Evan Vucci
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Nach Einschätzung von Gouverneur Abbott braucht Texas womöglich mehr als 125 Milliarden Dollar von der US-Regierung für den Wiederaufbau. Diese Summe war 2005 nach dem Hurrikan „Katrina“ zur Verfügung gestellt worden, der damals unter anderem New Orleans zerstörte. Angesichts der Größe des jetzt betroffenen Gebiets könnten allerdings noch mehr Gelder nötig werden, hieß es.

Stars spenden Millionenbeträge

Immer mehr Prominente geben deshalb auch etwas von ihrem Geld: Nach der Schauspielerin Sandra Bullock spendet auch Leonardo DiCaprio eine Million US-Dollar für die Opfer des Tropensturms. Das berichtet die Zeitschrift „Variety“. Popstar Miley Cyrus kündigte in der Sendung von Ellen DeGeneres an, 500.000 US-Dollar zu geben.

Diese Stars spenden für die Hurrikan-Opfer

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    Der aus Texas stammende Oscar-Preisträger Jamie Foxx ließ in einer Videobotschaft auf Instagram wissen, dass am 12. September eine große Fernseh-Spendengala geplant sei. Er habe einer Hilfsorganisation bereits 25.000 Dollar zukommen lassen, sagte der Schauspieler.

    Der Telethon soll gleichzeitig in Los Angeles, New York und Nashville über die Bühne gehen, wie das Promi-Portal „TMZ.com“ am Mittwoch berichtete. Künstler wie Schauspielerin Reese Witherspoon und Country-Star Blake Shelton würden mithelfen, teilte der aus Houston stammende Rapper Bun B dem Internetdienst mit.

    Venezuela und Mexiko bieten Hilfe an

    Trotz des schwelenden Konflikts zwischen Caracas und Washington will die venezolanische Regierung den Hurrikan-Opfern in den USA helfen. Venezuela werde bis zu fünf Millionen US-Dollar (4,2 Mio Euro) für betroffene Familien in Houston und Corpus Christi bereitstellen, kündigte Außenminister Jorge Arreaza am Mittwoch an. „Wir werden immer an der Seite des Volkes der USA stehen.“ Angesichts der autoritären Bestrebungen der venezolanischen Regierung hatten die USA zuletzt neue Wirtschaftssanktionen gegen das südamerikanische Land verhängt.

    Auch Mexiko hatte trotz des Streits um die von US-Präsident Donald Trump geplante Grenzmauer und die konfliktreiche Nachverhandlung des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens Nafta dem Nachbarland Unterstützung angeboten. „Uns liegt eine Liste mit Hilfsleistungen vor, die Mexiko angeboten hat, und wir nehmen das an“, sagte der texanische Gouverneur Greg Abott am Mittwoch.

    Mexiko half schon bei „Katrina“

    Mitglieder des mexikanischen Roten Kreuzes bereiten sich auf ihren Einsatz in Houston vor.
    Mitglieder des mexikanischen Roten Kreuzes bereiten sich auf ihren Einsatz in Houston vor. © REUTERS | EDGARD GARRIDO

    Mexiko hatte bereits nach dem schweren Hurrikan „Katrina“ den USA geholfen. Damals waren Hunderte Soldaten und Ärzte in die Vereinigten Staaten gekommen und hatten die Sturmopfer medizinisch betreut und mit Lebensmitteln versorgt. US-Außenminister Rex Tillerson dankte Mexiko für das Angebot: „Es ist sehr großzügig von Mexiko, uns in dieser schwierigen Lage Hilfe anzubieten.“ Der mexikanische Chefdiplomat Luis Videgaray sagte bei dem Treffen in Washington: „Wir sind Nachbarn und Freunde. Das ist, was Freunde tun.“

    Währenddessen läuft auch die innerstaatliche Hilfe auf Hochtouren: Die US-Marine schickt zwei Schiffe vor die Küste von Texas. Beide Schiffe sind dafür ausgestattet, medizinische und logistische Unterstützung zu liefern. Sie wurden mit Lebensmitteln beladen. (dpa/rtr)