Berlin. Die Folgen wirken bis ins Erwachsenenalter nach: Wer als Kind vernachlässigt und misshandelt wird, hat oft Probleme im sozialen Leben.

Wer in der Kindheit vernachlässigt oder misshandelt wird, hat ein größeres Risiko, im Erwachsenenalter psychisch zu erkranken und Beziehungsprobleme zu entwickeln. Das ist Ergebnis einer Auswertung von 83 Studien aus der ganzen Welt zum Zusammenhang von Kindesmisshandlung und Alexithymie.

Alexithymie bedeutet wörtlich „keine Worte für Gefühle“ und beschreibt die Schwierigkeit, Gefühle zu erkennen und zu beschreiben sowie zwischen Emotionen und Körperempfinden zu unterscheiden. Nach Angaben der Universität Leipzig ist ein hohes Maß an Alexithymie mit einer Reihe psychischer Störungen verbunden, darunter Depression, Schizophrenie sowie psychosomatische Probleme.

Im sozialen Leben macht sich das bemerkbar

Für Menschen, die damit zu kämpfen haben, sei es wegen eines Mangels an Selbstwahrnehmung schwierig, mit gleichzeitig bestehenden psychischen Störungen zurechtzukommen. Auch im sozialen Leben machten sich die emotionalen Schwierigkeiten von Betroffenen bemerkbar, erklärt Julia Ditzer, Absolventin des Wilhelm-Wundt-Instituts für Psychologie an der Universität Leipzig, die an der Studie beteiligt war. Alexithymie beeinträchtige zwischenmenschliche Beziehungen.

Forschende aus den USA, Israel, Polen und Deutschland bezogen für ihre Meta-Studie wissenschaftliche Arbeiten mit insgesamt 36.141 Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern ein. Die Analyse bestätigte: Kindesmisshandlung hängt mit der Erwachsenen-Alexithymie zusammen.

Darüber hinaus stellten die Wissenschaftler fest, dass besonders emotionaler Missbrauch und Vernachlässigung damit verbunden sind. Auch bei sexuellem und körperlichem Missbrauch sei der Zusammenhang nachweisbar, allerdings in etwas geringerem Maße.

Forscherin: Frühzeitige Intervention ist notwendig

„Unsere Studie hat das Potenzial, das öffentliche Bewusstsein für die langfristigen Auswirkungen von Kindesmisshandlung auf die psychische Gesundheit zu schärfen“, sagt Ditzer. Sie hofft, „dass unsere Forschung auch dazu beitragen wird, die Notwendigkeit von Präventionsmaßnahmen und frühzeitigen Interventionen bei Kindesmisshandlung hervorzuheben.“ (kai)