Berlin. Bei Verspätung oder Flugausfall stehen Passagieren Entschädigungen zu. Doch viele Verbraucher wissen das nicht. Hier finden sie Hilfe.

Flug überbucht, Flug annulliert oder Flug enorm verspätet – und jetzt kommt auch noch die Insolvenz von Air Berlin dazu. Zwar heißt es, in der Ferienzeit und darüber hinaus bis November werde die Fluggesellschaft weiterfliegen, dennoch sind Verbraucher verunsichert. Wer mit Flugärger in die Ferien startet oder seinen wohlverdienten Urlaub abschließt, hat in vielen Fällen ein Recht auf Entschädigungszahlungen von der Fluggesellschaft. Mit bis zu 600 Euro können Passagiere unter bestimmten Voraussetzungen laut der EU-Verordnung Nr. 261/2004 rechnen.

Doch viele Flugreisende kennen ihre Rechte gar nicht – und setzen sie deshalb auch nicht durch. Nur knapp jeder sechste Deutsche fühlt sich über Fluggastrechte gut informiert, zeigt eine Studie, die das Verbraucherportal Finanztip im März unter 1100 Verbrauchern durchgeführt hat. Mehr als zwei Drittel gaben an, über ihre Rechte nicht Bescheid zu wissen. Doch es gibt Wege, sie durchzusetzen:

• Fluggasthelfer-Portale kümmern sich um die Entschädigung

Insgesamt stünde deutschen Fluggästen allein im ersten Halbjahr 2017 eine Entschädigungssumme von 150 Millionen Euro zu, hat das Portal „AirHelp“ in seiner Analyse herausgefunden. Und so begründet sich auch das Geschäftsfeld von „AirHelp“ und anderen sogenannten Fluggasthelfer-Portalen wie „EUClaim“, „Fairplane“, „flug-verspaetet.de“, „refund.me“ oder „flightright“.

Fluggasthelfer-Portale kümmern sich für die betroffenen Passagiere darum, Entschädigungsansprüche durchzusetzen. Sie forden die entsprechenden Entschädigungen von der Fluggesellschaft und ziehen im Zweifel sogar mit eigenen Anwälten vor Gericht. Für den Verbraucher ist der Service in der Regel kostenfrei. Das Portal erhält aber im Falle der Entschädigungszahlung eine Provision, die je nach Anbieter zwischen 22,5 und 26 Prozent zuzüglich Mehrwertsteuer liegt.

• Verbraucher finden Hilfe bei offiziellen Schlichtungsstellen

Um Verbrauchern bei der Durchsetzung von Fluggastrechten Hilfestellung zu gewährleisten, haben die EU-Mitgliedsstaaten offizielle Durchsetzungs- und Beschwerdestellen eingerichtet. In Deutschland nimmt diese Funktion das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) wahr. Allerdings nimmt das LBA lediglich Anzeigen von Verstößen gegen die EU-Richtlinien entgegen und verfolgt nachgewiesene Verstöße ordnungsrechtlich.

Für zivilrechtliche Ansprüche, also etwa Ausgleichs- und Erstattungszahlungen oder Schadensersatzleistungen, ist das LBA nicht direkt verantwortlich. Fluggäste haben jedoch die Möglichkeit, sich an offizielle Schlichtungsstellen zu wenden, statt auf eigene Kosten einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Das Schlichtungsverfahren ist für sie kostenfrei. Die Möglichkeit zur Schlichtung besteht für Ansprüche von mindestens 10 Euro bis höchstens 5000 Euro.

Verspätungs-Ranking: Das sind die drei schlimmsten Airlines

weitere Videos

    Die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) ist von der Bundesregierung als Verbraucherschlichtungsstelle anerkannt und bei der EU notifiziert. Sie kümmert sich nicht nur um Fluggast-, sondern auch um Fahrgastrechte. Etwa 350 Bahn-, Bus-, Flug- und Schiffsunternehmen haben sich seit der Gründung im Jahr 2009 der söp angeschlossen. Volljuristen bearbeiten dort die Beschwerden und erstellen Empfehlungen zur außergerichtlichen Einigung zwischen den Verbrauchern und den jeweiligen Verkehrsunternehmen. Wird eine Empfehlung von beiden Streitparteien angenommen, gilt sie als Vertrag und ist für beide Seiten verbindlich.

    Zunächst muss sich ein Fluggast allerdings selbst mit seinen Forderungen an die Airline gewandt haben. Nur wenn die Antwort aus Verbrauchersicht nicht zufriedenstellend ist oder der Fluggast gar keine Antwort erhält, kann die söp eingeschaltet werden. Über das Online-Beschwerdeformular kann der Verbraucher den Schlichtungsantrag stellen.

    Ein Schlichtungsverfahren dauert einem Aufsatz in der juristischen Fachzeitschrift „ReiseRecht aktuell“ zufolge etwa drei Monate. Erkennt die Fluggesellschaft die Empfehlung der spö direkt an, könne der Vorgang demnach auch innerhalb weniger Tage abgeschlossen sein.