Braunschweig. Datenschützer sorgen sich, was die neuen Fahrzeuge alles über ihre Besitzer wissen und was sie weitergeben.

Moderne Fahrzeuge sammeln Daten. Sie melden Fehler, speichern diese Meldungen, damit sie in Werkstätten ausgelesen werden können. Autonom fahrende Autos sollen in Zukunft alleine – ohne den direkten Eingriff des Autofahrers – die Passagiere chauffieren. Und je mehr der Autofahrer auf selbststeuernde Systeme setzt, desto mehr Daten werden gespeichert.

Brems- und Stauassistenten, Navigationsgeräte und Wetterwarnsysteme sammeln schon heute eine Vielzahl von Daten. In Zukunft könnten diese für die Kommunikation mit anderen Fahrzeugen in einer Art Cloud zusätzlich kurzzeitig gespeichert werden.

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Datenschützer schlagen Alarm. Sie wollen vermeiden, dass Daten gesammelt werden, die das Fahrverhalten erkennen oder auf anderem Wege Rückschlüsse auf den jeweiligen Autofahrer zulassen.

Versicherungen bieten bessere Konditionen bei Überwachung

ADAC, Verbraucherschutz und die Landesbeauftragte für Datenschutz in Niedersachsen fordern, dass der Fahrer immer Herr seiner Daten bleibt. „Hacker sind immer an Daten interessiert, deswegen müssen die Automobilhersteller nachweisen, wie sie die Daten schützen wollen, die sie erheben“, sagt Christine Rettig vom ADAC. Hacker könnten sonst Daten beispielsweise an Versicherungen verkaufen oder die Fahrer damit womöglich erpressen. Vielleicht sollte etwa nicht jeder wissen, wer wann wo unterwegs ist.

Versicherungen werben schon jetzt mit günstigeren Konditionen, wenn Autofahrer sich bewusst überwachen lassen. Die Huk-Coburg bietet für Versicherte zwischen 19 und 24 Jahren einen sogenannten Telematic-Tarif an. Huk-Pressesprecher Holger Brendel sagt, dass dafür eine Art Black-Box im Fahrzeug eingebaut wird. Diese speichere Daten wie Geschwindigkeit, Fahrstrecke, Beschleunigungsgeschwindigkeit und Bremsverhalten und schicke sie an eine Dienstleistungsgesellschaft. Diese werte die Daten aus und erstelle eine Berechnung für die Versicherung. Die Huk-Coburg ermittle anhand dieser Daten den Beitragssatz, den der Versicherte dann zu zahlen habe. Fünf Jahre werden die Daten gespeichert, die über das Mobilfunknetz gesendet würden.

Mattias Fischer, Pressesprecher der Datenschutzbeauftragten in Niedersachsen, will, dass Verbraucher sich vor jeder Art der Einwilligung beim Datenschutz informieren: „Uns ist wichtig, dass die Leute aufgeklärt sind und wissen, dass und wem sie ihre Daten überlassen.“ Die Verbraucher unterschrieben eine Datenschutzerklärung, wenn sie sich für einen Neuwagen entschieden, aber „viele wissen überhaupt nicht, was sie da gerade alles unterschrieben haben“, warnt Fischer. Schon heute erfassen Automobilhersteller Unmengen an Daten – und die Autobauer setzen das Einverständnis zur Datennutzung voraus. Das beginne bereits damit, Verträge digital speichern und den Kunden später kontaktieren zu dürfen. Deswegen ist schon jetzt in vielen Kauf- und Leasingverträgen unter dem Punkt Datenschutz zu lesen: „Diese Einwilligung ist Voraussetzung für den Vertragsabschluss.“

Was darf alles gespeichert werden? Mit Blick auf das autonome Fahren treffen die Verbraucherschützer hier keine einheitlichen Aussagen. Einig sind sie sich jedoch in einem Punkt: Das Fahren könnte mit den entsprechenden Assistenzsystem sicherer werden – der Datenschutz dürfe dabei aber nicht in den Hintergrund rücken. Zu den Assistenzsystemen gehört zum Beispiel das System „Adaptive Cruise Control“, kurz ACC, das auch Volkswagen und Audi nutzen. Dieses hält immer den korrekten Abstand zum vorausfahrenden Wagen und bremst und beschleunigt automatisch.

Anhand von Daten, Scannern, GPS-Systemen, Kameras und Daten aus dem Bordcomputer kommunizieren die Programme im Wagen miteinander. Sie stellen fest, ob sie die Spur halten, erkennen andere Fahrzeuge im Umfeld und greifen ein.

Bislang werden viele Neuwagen mit teilautomatisierten und hochautomatisierten Systemen ausgestattet. Vollautomatisierte Systeme gibt es bei vielen Händlern gegen einen Aufpreis.

Die neuen Sicherheitssysteme sind je nach Hersteller und Art bereits ab knapp 900 Euro Aufpreis zu bekommen. BMW bietet beispielsweise ein System mit dem Namen „Active Protection“ an. Es fährt selbstständig Fensterscheiben hoch und spannt die Anschnallgurte, wenn der Fahrer auffällig stark bremst.

Jeder Automobilhersteller hat ein eigenes System, die Technik im Wagen einzubauen. Ob es in einer Zukunft mit autonom fahrenden Autos möglich sein wird, diese abzuschalten, oder einen Einbau zu verhindern, um seine Daten nicht preisgeben zu müssen, ist noch nicht geklärt. Welche Datensätze gespeichert werden, soll einheitlich über die EU-weite Datenschutz-Grundverordnung geregelt werden.

Eine Kommunikation von Fahrzeug zu Fahrzeug soll möglich werden

Auf festgelegten Teststrecken wie der A9 bei Ingolstadt sollen die Systeme erprobt werden. Auch die Braunschweiger Innenstadt dient bereits als Testlabor für intelligente Mobilität. Der Wagen „Leonie“ fuhr schon vor etwa sieben Jahren autonom im fließenden Verkehr über den Braunschweiger Stadtring.

Das Bundesverkehrsministerium stellt bis 2020 insgesamt etwa 100 Millionen Euro für digitale Teststrecken bereit. Wichtig für den Ausbau sei auch der Ausbau des schnelleren Internets (G 5), um die vielen Datensätze zeitnah auswerten und nutzen zu können.