Berlin. Viele Online-Shops klammern Unterwäsche oder Strumpfhosen vom Widerrufsrecht aus.

Ob Unterwäsche, Bikini oder Schlafanzug: Viele Verbraucher bestellen im Internet Kleidung, die auf der Haut getragen wird. Wer sie nach dem Anprobieren zurückgeben will, kann jedoch Probleme bekommen: Etliche Online-Händler nehmen bestimmte Kleidungsstücke als Hygieneartikel nicht zurück, warnt die
Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Die Verbraucherschützer haben 20 große Internetanbieter befragt, ob sie gewisse Textilien von einer Rückgabe ausschließen. Das Ergebnis: Mehr als die Hälfte der Unternehmen betrachtet sensible Waren wie Nachtwäsche oder Strumpfhosen als Hygieneartikel oder lässt sich diese Option zumindest offen.

Nach dem Gesetz können Anbieter online bestellte Waren „aus Gründen der Hygiene“ vom 14-tägigen gesetzlichen Widerrufsrecht ausklammern, sobald der Kunde die Packungsversiegelung entfernt hat. Das Problem dabei laut Umfrage: Welche Kleidungsstücke als Hygieneartikel zählen, regeln die Shops höchst verschieden. Mitunter definieren sie den Begriff überhaupt nicht.

„Die Unterschiede und Unklarheiten beim Anprobieren von
Hygieneartikeln können Retouren zu einem Glücksspiel machen“, sagt Verbraucherschützer Georg Tryba. Selbst bei Kleidung, die mit einem Anprobierschutz versehen ist, sei eine Rückgabe manchmal nicht möglich. So habe eine Kundin fünf gleichzeitig zum Anprobieren bestellte Bikini-Modelle allesamt bezahlen müssen, obwohl die Artikel einen schützenden Klebestreifen im Intimbereich hatten, so Tryba.

Bestellte Kleidung darf nicht stundenlang anprobiert werden

Um solchen Risiken vorzubeugen, sollten sich Kunden vor einem Bestellen oder spätestens dem Anprobieren schriftlich absichern. „Wir raten dazu, eine E-Mail an den Shop zu senden und nachzufragen, ob und wie das Kleidungsstück anprobiert werden kann, ohne das Widerrufsrecht zu verlieren“, sagt Verbraucherschützer Tryba. Ein Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) allein bringe oft keine Sicherheit. Wichtig zu wissen ist dabei: Anprobieren bedeutet nicht, dass die Kleidung stunden- oder gar tagelang getragen werden darf. Wer das macht, dem drohen „seit jeher Rückgabestrafen wie Ersatz für Wertverlust“, betont Tryba.

Nach Einschätzung der Verbraucherzentrale besteht ein Rückgaberecht immer dann, wenn die Ware nach einer Anprobe gereinigt und wieder in den Verkauf gebracht werden kann. Ein weiteres Kriterium sei, ob das Produkt auch im Geschäft getestet werden kann. „Wenn das der Fall ist, muss eine Anprobe in der Regel auch beim Kauf über das Internet möglich sein“, so die Verbraucherschützer. Gerichtlich geklärt sei diese Frage jedoch noch nicht.